170. Bremer Montagsdemo
am 18. 02. 2008  I◄◄  ►►I

 

Nur ein paar Bitten

Info-MichelLiebe Politiker, sorgt endlich wieder für Gerechtigkeit! Liebe Wirtschaftsbosse, schafft endlich mehr Arbeitsplätze! Liebe Gewerkschafter, sorgt dafür, dass endlich wieder Löhne gezahlt werden, von denen der Mensch leben kann! Und liebe Mitbürger, begreift endlich, dass es nicht nur um uns allein geht! Bitte seid endlich wieder fair. Wie sagte doch ein Politiker am Wochenende: Der soziale Frieden ist gefährdet! Wenn es nicht so traurig wäre, wurde ich jetzt laut loslachen. Was glaubt ihr wohl, warum wir Montagsdemonstranten bei Wind und Wetter hier stehen?

Ach ja: Wir sind die Bösen, die Faulen, die Schmarotzer und so weiter. Diesen Schuh ziehe ich mir nicht an. Ich selbst bin Rentner und halte es für meine Pflicht, Unrecht mit anzuprangern. Wir dürfen unseren Kindern keine Schulden hinterlassen, heißt es oft so schön. Dürfen wir ihnen eine Welt übergeben, die von Ungerechtigkeiten nur so strotzt? Ich zitiere aus der Presse: Hungerlöhne sind an der Tagesordnung, Arbeitsplätze werden massenhaft vernichtet, die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander, neue Kinderarmut wächst in Massen. Und dann reden sie, die wir gewählt haben, von „notwendigen Maßnahmen“!

Es werden die Renten gekürzt, nicht erhöht; steigende Lebensmittelpreise und Energiekosten treiben einen großen Teil der Menschen in Altersarmut. Ja, meine Damen und Herren, genau das werden wir unseren Kindern übergeben! Doch wenn wir das sagen, sind wir die – ach, ich will mich hier nicht wiederholen. Für mich ist es eine Schande, im „Weser-Kurier“ von Menschen lesen zu müssen, denen das Hungern als einzige Alternative zum „Tafel“-Besuch bleibt. Die Bagis kürzt ihre Leistungen immer öfter, das „Wachstum“ kommt bei vielen nicht an. Was glaubt ihr eigentlich, wem wir all das sagen?

Das geht euch doch alle an, oder? Darum meine Bitte: Bleibt hier stehen und zeigt uns, dass ihr solidarisch seid! Es kann doch nicht sein, dass wir die Übeltäter all dieser Ungerechtigkeiten sind, während jene, die uns aufgrund ihrer Macht und ihres Vermögens totschweigen wollen, bloß nicht die Montagsdemo erwähnen! Nicht auszudenken, wenn die CD mit den Liechtensteiner Bankdaten nie ans Licht gekommen wäre! Jetzt denken wohl auch endlich mal ein paar Leute nach, die Macht haben, nämlich die Politiker. Eigentlich hätten wir ja als Montagsdemo einen Orden verdient, denn mit unseren Auftritten sorgen wir dafür, dass wir unseren Kindern eines Tages eine gerechtere Welt hinterlassen!

Udo Riedel (parteilos)
 
„Experten für große und sehr große Vermögen“: Steuerfahnder
filzen Münchener Privatbank („Spiegel-Online“)

 

Hetze bis in den Tod

Wolfgang LangeIn der letzten Woche gab es eine erschütternde Nachricht: Ein 58-jähriger Arbeitsloser aus Northeim hungert sich zu Tode. Nachdem das Arbeitslosengeld ausgelaufen ist, steigt er auf sein Fahrrad, fährt 160 Kilometer bis in den Solling. Auf einem Hochsitz verbringt er noch drei Wochen ohne Nahrung – bis er tot ist. Er sah keinen anderen Ausweg mehr!

Letzte Woche hetzte auch die „Bild“-Zei­tung tagelang gegen die „faulen Arbeitslosen“ und „Hartz-IV-Abzocker“. So wurde zum Beispiel vorgerechnet, dass ein Handwerker in Ostdeutschland mit Frau und zwei Kindern nur 20 Euro mehr verdiene als ein Hartz-IV-Empfänger. Bewusst wird von „Bild“ dabei verschwiegen, dass eine Familie von dem Einkommen dieses Handwerkers gar nicht mehr leben kann! Ebenfalls bewusst verschweigt das Blatt, dass es gerade der Zweck jener Hartz-Gesetze war, auf breiter Front Niedriglöhne zu schaffen!

Damit noch nicht genug: In der letzten Woche forderten auch die „Fünf Weisen“ die generelle Senkung von Hartz IV um 30 Prozent – nur wer arbeite, solle auch den vollen Satz bekommen! Dazu passt eine Meldung, die heute im „Weser-Kurier“ steht: Die Zahl der ALG-II-Kürzungen ist im letzten Jahr um 58 Prozent gestiegen! Zynisch auch der Kommentar eines Bagis-Vertreters, viele Arbeitslose hätten Mühe, einen Termin um 9 Uhr einzuhalten, weil sie „Alkoholiker“ seien. Dieser Staat und seine Regierung lässt die Arbeitslosen nicht nur im Stich – er greift sie schamlos an!

Fast zeitgleich kommen diese Meldungen: Arcelor-Mittal macht einen Reingewinn von acht Milliarden Euro im letzten Jahr; bei Daimler sind es sieben, bei Nokia 7,5 Milliarden. Doch bei Postchef Zumwinkel klingelt der Staatsanwalt: Razzia, Verhaftung! Der feine Herr hat Steuern von einer Million hinterzogen, bei einem Jahresgehalt von 5,5 Millionen Euro. Gegen weitere 700 hochkarätige Manager wird ermittelt, 900 Razzien stehen bevor. „Vielen Dank für die Warnung“, werden sich die Herrschaften denken und ihre Reißwölfe Tag und Nacht laufen lassen!

Jetzt fordern Koalitionspolitiker die „volle Ausschöpfung“ des Strafrahmens von zehn Jahren für Steuerbetrüger, andere fordern sogar eine Erhöhung auf 15 Jahre Knast. Ich lache mich gleich tot! Wir haben die Quasi-Freisprüche für der Korruption überführte Politiker und Wirtschaftsführer wie Lambsdorff, Kanther, Ackermann, Esser oder Hartz noch nicht vergessen! Ich gehe jede Wette ein, dass auch Herr Zumwinkel nicht ins Gefängnis geht. Wenn erst einmal die nächste Wahl vorbei ist, gibt es ein bisschen „tätige Reue“, eine kleine Spende, „Peanuts“ eben. Allein beim Verkauf seiner Postaktien vor ein paar Monaten hat Zumwinkel 4,7 Millionen Euro Profit gemacht! Er wusste halt ein bisschen früher, dass die Aktie nach Einführung des Mindestlohns steigen wird, weil die Konkurrenz dann dicht macht.

Hat all das nichts miteinander zu tun? Der eine hungert sich zu Tode, weil man ihm nicht mal mehr sein bisschen Arbeitslosengeld lässt – die anderen leben wie die Maden im Speck! Bei den Wahlen kriegen die Parteien, die sich diesem System verschrieben haben, immer mehr zu spüren: Das Vertrauen der Bürger in solche Parteien und ihr System schrumpft immer schneller. Und das ist gut so! Wenn jetzt Christel Wegner von der DKP, die auf der offenen Liste der „Linken“ in den niedersächsischen Landtag gewählt wurde, sagt: „Es reicht nicht, Reformen zu machen – wir brauchen ein anderes Gesellschaftssystem!“, dann hat sie völlig recht!

Aber wenn sie darunter nur eine neue Stasi-Diktatur mit Mauer und Stachel­draht versteht, liefert sie den angeschlagenen bürgerlichen Parteien genau die Munition, die sie brauchen. In der DDR gab es keinen Sozialismus, sondern es war eine neue kapitalistische Klasse an der Macht. Deswegen hat dieses System auch nichts anderes verdient, als zugrunde zu gehen! Der Tag wird kommen, an dem sich die Unterdrückten auf der ganzen Welt selbst befreien. Dabei tun sie gut daran, die Lehren aus den bisherigen Versuchen zu ziehen, aus Siegen wie aus Niederlagen. Dabei hilft ihnen die MLPD. Dazu ist es wichtig, heute schon, wie wir auf den Montagsdemos, zu lernen, die Geschicke in die eigene Hand zu nehmen und nicht anderen zu überlassen!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
Führungskräfte müssen Werte vorleben: Ihre Qualität
erkennt man erst in der Krise („Spiegel-Online“)

 

Auch Herr Steinbrück wird
seinen Hut nehmen müssen

Hans-Dieter Binder1. Finanzminister Steinbrück hat beschlossen, der IKB zu helfen, so der „Weser-Kurier“ vom 16. Februar 2008 und den Folgetagen. Eine Milliarde an Steuergeld hat er auf den Tisch gelegt, 500 Millionen sollten die privaten Banken dazulegen – doch die haben kurz „Nee, mehr als 300 Millionen nicht!“ gesagt, und schon hat Herr Steinbrück auf 1,2 Milliarden Euro erhöht. So einfach können Einigungen erzielt werden!

Der Finanzminister hat dies insgesamt als Erfolg vor dem Bundestag verteidigt. Er hat zu den Landesbanken und auch zur KfW nichts gesagt. Peer Steinbrück wird wohl wegen Unfähigkeit seinen Hut nehmen müssen, wenn endlich die wahren Zahlen auf dem Tisch liegen – oder mit den entsprechenden Bankern eine neue Legende erfinden, um seine eigene Haut zu retten! Warum sind nur die Regressforderungen gegen die Verantwortlichen in der IKB, der KfW und den Landesbanken kein Thema mehr? Jede Schuldzuweisung an die Bankenvorstände würde auf das politische Personal durchschlagen! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

2. Die Briten haben die Hypothekenbank Northern Rock verstaatlicht, so der „Weser-Kurier“ vom 18. Februar 2008. Die britischen Notenbank hatte bereits einen Notkredit über 33,4 Milliarden Euro an diese Bank gegeben. 33,4 Milliarden Euro Verlust, die jetzt beim Steuerzahler gelandet sind! Hoffentlich hat diese Bank andere Werte, mit denen die Summe gemildert wird. Nur hätten die Kunden ohne diesen Kassenkredit vergeblich Schlange gestanden.

Zurück zu den Bundes- und Länderfinanzen! 34 Milliarden Euro gehen jedes Jahr unbemerkt über die Grenzen, heimlich und unversteuert! Dies ist nicht meine Schätzung, sondern ein Sprecher des Finanzministeriums hat diesen Betrag verlautbaren lassen. Ein Vertreter der Arbeitgeber, der „Ziege“, hat sich zu Wort gemeldet, diesmal Herr Jürgen Thumann. Er kündigte eine Ausgrenzung der kriminellen Wirtschaftsführer an: „Wer gegen die Spielregeln verstößt, stellt sich gegen die Wirtschaft!

„Lassen Sie uns gemeinsam klarmachen, wer in Deutschland Wohlstand und Wachstum erwirtschaftet: die vielen ausgezeichneten Unternehmen mit ihren hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“ Mit diesem Zitat stand Herr Thumann am Jahresanfang im „Weser-Kurier“. Herr Thumann, als kriminell gelten nur Verurteilte! Steuerstrafverfahren werden meistens ohne Urteil beendet. Wenn Sie Ihre Meinung umsetzen wollen, warum fangen Sie nicht einfach mit den bekannten Fällen an? Als da wären:

Herr Thumann, dies alles ist nach meinem Empfinden gegen die Spielregeln! Hinter jeder dieser Entscheidungen steht mindestens ein Kopf. Diese ungesetzlichen Entscheidungen treiben sowohl die aktuellen Vergütungen wie auch die Ablösebedingungen bei einer Vertragsbeendigung nach oben. Betrug macht frei von Skrupeln: Geld schützt die im Unternehmen Hinterbliebenen!

Am besten, Herr Thumann, Sie fangen in Ihrem „Arbeitgeberverband“ an! In diesen Verbänden wird auch bekannt, was der Öffentlichkeit verborgen bleiben wird: die Lösung der Steuerhinterziehung durch Selbstanzeige. Damit ist keine Durchsuchung und kein Haftbefehl mehr nötig. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

3. Der Ruf nach erhöhten Strafen ist eine Farce! Herr Zumwinkel ist weiter frei. Eine Million Euro hat er als Sicherheit hinterlegt. Sein geschätztes „Stiftungsvermögen“ in Liechtenstein beträgt über zehn Millionen Euro. Kürzlich, in Zusammenhang mit dem Mindestlohn, hatte Herr Zumwinkel einen außerordentlichen Ertrag von einigen Millionen Euro: Er hat sein Wissen ausgenutzt, dass der Kurs steigen würde, und von seinen Aktien verkauft. Herr Zumwinkel musste sich aber hinterher für sein Verhalten entschuldigen, wird von manchen Journalisten hervorgehoben.

Fazit: Für einmal entschuldigen kann Herr Zumwinkel sich noch mehrfach freikaufen! So wird jeder Ruf nach Strafverschärfung zur Farce. Nur eines möchte ich trotzdem gewahrt wissen: die Aufrechterhaltung der Unschuldsvermutung – auch für Herrn Zumwinkel und die anderen. Die 40-prozentige Gewinnexplosion des Geschäftsjahres 2006/2007 kam ohne diese schwarzen Gelder zustande! Registriert wurde der steuerpflichtige Gewinn bei den Unternehmern. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

4. Das politische Personal ist ebenfalls schuldig, denn Nichtstun macht mitschuldig! Die Schätzung, dass der Gesamtumfang der Steuerhinterziehung 30 Milliarden Euro beträgt, ist seit langem in Finanzkreisen gefestigt. Obenauf kommen die Möglichkeiten der Steuerschlupflöcher durch das unveränderte Verfahren der Umsatzsteuererstattung – obwohl unbestritten ist, dass hier Milliarden an Steuermitteln verloren gehen. Die vorliegenden Lösungsvorschläge der Betriebsprüfer werden ignoriert!

Die „Heuschrecken“ sind längst angekommen: Die Veräußerungserlöse von Zwangsversteigerungen durch „Heuschrecken“ führen nicht zu einer Steuerschuld in Deutschland, obwohl das Grundstück in Deutschland liegt und die Zwangsversteigerung in einem deutschen Gerichtsgebäude stattfindet. Die „Heuschrecken“ haben „ausgegründet“ und bleiben steuerfrei. Wird so der Fiskus betrogen? In großem Stil gehen jedenfalls dem Fiskus Gelder verloren!

„Heuschrecken“, das hört sich so fern, so exotisch an – doch die „Heuschrecke“, an die ich denke, ist eine Tochter der Deutschen Bank AG; ob direkt oder über die Immobilienbank der Deutschen Bank AG in New York, ist mir allerdings nicht bekannt. Über all diese Punkte gibt es weitere Informationen bei den vorherigen Bremer Montagsdemos. Wie Selbstanzeigen hoffentlich nicht ausgehen sollen, haben wir ebenfalls festgehalten: bei der Betrachtung, was im Fall Flick geschehen ist. Den Flick hatte Herr Thumann vergessen – oder schon vor langer Zeit ausgeschlossen?

Bremen bildet inzwischen wieder Betriebsprüfer aus. Wird die Hansestadt auch die Prüfungsrate bei den vielen Millionären und den etwas weniger vorhandenen Milliardären in Bremen erhöhen? Der Zoll an der Grenze zur Schweiz hatte 2004 sehr interessante Unterlagen beschlagnahmt. Sie sind kostenlos zu haben. Ich hoffe, dass die Bearbeitung nunmehr in Gang kommt. Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe hatte diese Beschlagnahme untersagt!

Noch eins an das jetzt so „überraschte“ politische Personal: Es ist bei Firmenansiedlungen durchaus üblich, auf die „schwache Besetzung“ der Betriebsprüfungsstelle hinzuweisen und nach Begründungen für einen steuerlichen Nachteilsausgleich zu suchen. Beispiele: „Dieser Baugrund ist schlechter, der Mehraufwand kann von der Gewerbesteuer abgezogen werden“, „das Baugebiet liegt so unglücklich, da müssen wir Ihnen eine Brücke spendieren“, „die Räumung des Geländes erfolgt durch die Gemeinde, Sie kaufen das bauvorbereitete Grundstück“.

Dabei wird über Steuern und andere Rahmenbedingungen verhandelt, als ob es keine Gesetze gäbe. Die Unternehmen erfahren spätestens jetzt die Biegsamkeit der Rahmenbedingungen. Diese Verhandlungen werden vom politischem Personal geführt und gestaltet! Woher kommt jetzt diese Überraschung? Beugehaft, um eine Aussage über die Herkunft von Geld in Koffern zu erfahren, wäre bei Helmut Kohl angebracht gewesen! Oder war versteuertes Geld in diesen Koffern? Dann wäre die Nennung der Erleichterten kein Problem. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

5. An den Pressesprecher des Bundesfinanzministers habe ich folgende Mail geschickt: Sehr geehrter Herr Albig! Ich möchte Sie auf folgende Begebenheit aufmerksam machen: Der Zoll an der Grenze zur Schweiz hat 2004 sehr interessante Unterlagen beschlagnahmt, die hoffentlich noch vorhanden sind. Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe hat jedoch die Beschlagnahme und Verwertung untersagt.

Es gibt Leute, die zu viel Geld haben und das, was überflüssig ist, in der Schweiz einlagern, insgesamt etwa 150 bis 200 Milliarden Euro. Bei den Grenzkontrollen wurden von den Deutschen Zöllnern im Jahr 2004 Kontoauszüge von Schweizer Banken oder Nachweise anderer Art über circa 1,5 Milliarden Euro gefunden und als Kontrollmitteilung an die entsprechenden deutschen Finanzämter gemeldet. Somit war der Zoll sehr erfolgreich!

Doch per Anweisung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe ist jetzt wie folgt zu verfahren: Die Kontrollen dienen dem Aufspüren von Geldwäschern, alle anderen Erkenntnisse sind zu ignorieren, auch wenn diese steuerrechtlich relevant sein könnten! Die Zöllner sind frustriert, von Finanzminister Eichel war keine Stellungnahme zu erhalten. Kein befragtes Mitglied des Bundestages kannte diese Anordnung. Auch für leere Kassen gibt es mehrere Gründe!

Über diese Zöllner und die Verwicklungen wurde zwei Mal im Fernsehen berichtet. Ich hoffe, Sie können die Angelegenheit klären und Steuerprüfungen einleiten! Ich würde die Fortsetzung dieser Geschichte gerne erfahren und erbitte daher Ihre Antwort für die Montagsdemo, denn ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

6. Auch jetzt geht es weiter mit Geld, hohen Beitragszahlungen und einem Verschiebebahnhof mit löchrigen Gleisen: die Umleitung der Krankenkassenbeiträge durch den Gesundheitsfonds. Die Missstände wurden nicht beseitigt, alle Bedenken haben sich im Laufe der Monate verfestigt. Frau Merkel hat beschlossen: Es bleibt, wie es ist – der Gesundheitsfonds wird so umgesetzt! Die AOK hat bereits die Planung kritisch mitbegleitet, immer die Finger in die Wunden gelegt und die Ungereimtheiten öffentlich gemacht. Viele Nachbesserungen sind auf die „Kärrnerarbeit“ der AOKs zurückzuführen. Die AOK hat sich auch vom Beamtenpensionsgesetz nicht kleinkriegen lassen!

Auch der jetzige Torso Gesundheitsfonds kostet den Beitragszahler viel Geld. Trotzdem wird die Änderung nunmehr eingeführt, so der „Weser-Kurier“ vom 14. Februar 2008. Die Krankenkassen erhalten für jeden über ALG II Versicherten circa 50 Euro mehr Beitrag pro Monat, dann also etwa 165 Euro, und dies bei ungefähr drei Millionen Betroffenen, denn die AOK hat einen hohen Anteil an Versicherten unter den ALG-II-Empfängern. Die Krankenkassen erhalten durch diese Regelung somit 150 Millionen Euro monatliche Mehreinnahmen.

Dies ist jedoch Geld, dass ihnen über die Begleitgesetze zum ALG II ge­nommen wurde! Damit wird auch ersichtlich, wie viel Geld der Rentenversicherung vorenthalten wird! Über den Gesundheitsfonds stehen weitere Infos bei den vorherigen Bremer Montagsdemos. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

7. Es geht weiter mit Geld! Das Elterngeld hat nur Vorteile, wenn wir der Werbekampagne von Frau von der Leyen glauben. Eine Ausnahme war aber bereits im Gesetzentwurf fest eingeplant: Auf Seite 5 steht der Finanzierungsplan für das Elterngeld. Daraus sind auch die Unterschiede zum Erziehungsgeld erkennbar: Bei den ALG-II-Betroffenen werden 50 Millionen Euro pro Jahr eingespart! Klarer kann eine Aussage über die Umverteilung nicht sein!

Hier noch ein kleiner Baustein im großen Mosaik: Die Bundespolizei, jene Behörde mit den neuen Aufgabenstellungen, erhält laut „Weser-Kurier“ vom 7. Februar 2008 automatisch die Daten aller Schiffspassagiere, die einen deutschen Hafen ansteuern; somit die Daten von 29 Millionen Menschen jährlich. Dies ist ein weiterer Schritt auf dem von der EU vorgegebenem Weg zum totalen Überwachungsstaat! Außerdem steht EU für Hartz IV, geschönte Statistiken und Vorratsdatenspeicherung. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

8. Armut macht krank: Das Bremer Gesundheitsamt warnt vor „Hartz-IV-Schim­mel! Sehr geehrter Herr Hinrichs, in Ihrem Beitrag „Armut macht die Wohnung kalt“ im „Weser-Kurier“ vom 18. Februar 2008 gehen Sie von der „Verwaltungsanweisung Wohnen“ der Freien Hansestadt Bremen aus. Diese schreibt eine Heizkostenpauschale vor, doch eine Verwaltungsanweisung ist keine Rechts­grundlage, wie vom Verwaltungs- (Az. S3 V 755/06 vom 26. April 2006) und Oberverwaltungsgericht Bremen (Az. S1 B 182/05 vom 19. Juni 2006) festgestellt wurde. Demnach sind die Heizkosten von der Bagis oder Arge in voller Höhe zu übernehmen, es sei denn, sie kann „unwirtschaftliches Heizen“ der Betroffenen nachweisen.

Damit sind die Pauschalsätze für Heizkosten eigentlich bedeutungslos. Diese Urteile wurden vom DGB erstritten. Schon die Daten zeigen, dass die Verwaltungsanweisung (gültig ab 1. November 2007) erst nach diesen Gerichtsentscheidungen erlassen wurde. Frau Rosenkötter, die Senatorin für Soziales, respektiert diese Urteile nicht, und die Bagis setzt die Heizkostenpauschalen durch! Wer höhere Heizkosten hat und diese erstattet bekommen möchte, muss einen Antrag stellen, Widerspruch einlegen und notfalls die Hilfe des Gerichts in Anspruch nehmen. Weil dies nicht ganz so einfach ist, wie es sich liest, gehen wir auch mit zu den Ämtern! Die Übernahme von Energieschulden ist ein Thema für sich. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

9. Der Armutsbericht 2007 für Bremen liegt vor. Er trägt den Untertitel: „Die soziale Spaltung der Stadt“. Eigentlich bedarf es keines Berichts mehr: Alle Fakten liegen seit Jahren auf dem Tisch. Es sind wiederum die Zusammenhänge zwischen Arbeitslosengeld-II-Bezug und Schulbesuch, zwischen ALG-II-Bezug und Lebenserwartung und so weiter herauszulesen. Auch die Dynamik der Entwicklung wurde aufgezeigt. Wie in den Vorjahren wurde besonders die Lage der betroffenen Kinder herausgefiltert – und alles aufgrund der ALG-II-Daten!

Veränderungen zum nächsten Armutsbericht sind von der Politik eingeplant. Bereits jetzt werden die Kinder von Studierenden nicht mehr mitgezählt, weil es für diese Kinder Leistungen außerhalb des SGB II gibt. Es ist geplant, den Kinderzuschlag zu erhöhen. Damit hat sich die Armut eventuell ein wenig verringert, aber vor allem die Zahl der Kinder in ALG II wird spürbar zurückgehen. Die nächste Statistik soll damit ihrer Aussagekraft beraubt werden. Diese Zahlen hat Paul Schröder aufbereitet. Er wird auch die Änderungen einfangen. Er lässt sich nicht austricksen!

Dieser Armutsbericht hat die Zuhörer an das Wahlversprechen erinnert. Die BSAG jetzt ebenfalls: Das Sozialticket ist überfällig. Der Bericht zeigt: Die höchste Dichte an ALG-II-Betroffenen gibt es in den Randbezirken, in Tenever, Lüssum oder Huchting (Seiten 90 und 91)! Wie sollen diese Menschen ohne Fahrkarte in die Innenstadt gelangen, oder sollen sie draußen bleiben und so wenig wie möglich außerhalb ihrer Quartiere sichtbar werden?

Bernd Strüßmann hat die Wechselwirkungen der Armut gut herausgearbeitet. Diese Broschüre ist für jeden lesenswert, der sich mit der aktuellen Entwicklung der Gesellschaft beschäftigt. Wer keine Menschen mit Existenznot kennt, weiß weniger über die Problematik des prekären Lebens. Wegschieben, verdrängen, separieren ist keine Lösung: Die Quittung kommt später, aber heftiger! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Am 23. Februar 2008 wollen wir in Bremen ein Treffen der nord­deutschen Montagsdemos durchführen und dabei unseren Mitstreitern von Göttingen bis Wilhelmshaven und Hamburg etwas von unserer Stadt zeigen, gemeinsam „Kohl und Pinkel“ essen und einen intensiven Erfahrungsaustausch abhalten. Treffpunkt ist um 11:45 Uhr am Hauptbahnhof beim „Weg-mit-Hartz-IV“-Transparent.
 
Sittenwidrig: Fünf Euro Stundenlohn plus Verweis auf Arge („Tageszeitung“)
 
Sklaverei: Rumänische Nokianer sollen 70 Stunden
pro Woche schuften („Spiegel-Online“)
 
Lokführer-Tarifverhandlungen stehen erneut vor dem Scheitern: Bisheriger Entwurf verstößt gegen Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer („Spiegel-Online“)
 
Zehntausende streiken für acht Prozent mehr Lohn: Und Berthold Huber
fällt ihnen in den Rücken („Rote Fahne News“)
 
Steueroasenrecht: Übergabe Liechtensteiner Bankdaten an den
Bundesnachrichtendienst ist eine „schwere Straftat“, Hinterziehung
deutscher Steuern ein „Vergehen(„Spiegel-Online“)
 
„Notdienstverpflichtung“: In Berlin verbietet erstmals eine deutsche Landesregierung einen Warnstreik und kassiert vor Gericht eine Klatsche („Junge Welt“)

 

Bürgerschaftskandidaten besuchen
die Hamburger Montagsdemo

Nach über dreieinhalb Jahren war dies eine echte Premiere vor circa 80 länger verweilenden Teilnehmern und circa 150 Passanten, die minutenlang lauschten beziehungsweise sich am Offenen Mikrofon beteiligten. Von CDU, SPD, GAL und „Die Linke“ nahmen auf Einladung der Montagskundgebung Hamburg Bürgerschaftskandidaten unter anderem zu folgenden Fragen Stellung:

  1. Wir wollen, dass Hartz IV ersatzlos gestrichen und die unbegrenzte Zahlung des Arbeitslosengeldes wieder eingeführt wird. Wie stehen Sie dazu?
  2. Wir unterstützen die Forderung nach einem Sozialticket und fordern, Schluss zu machen mit der Umverteilung der wachsenden Steuereinnahmen in die Taschen der Konzerne wie Airbus beziehungsweise für Projekte wie die Elbphilharmonie und die U4. Wie stehen Sie dazu?
  3. Wir fordern eine gesetzliche Verpflichtung der Unternehmer auf einen Mindestlohn von 60 Prozent des Durchschnittslohnes, wie es die europäische Sozialcharta auch vorsieht. Das sind heute zehn Euro pro Stunde brutto. Wie stehen Sie dazu?

Schon vorweg: So richtig Positives konnte nicht mal Herr von Frankenberg (CDU) den Hartz-Gesetzen abringen, obwohl er sie tapfer verteidigte. Auch Wolfgang Rose (SPD), Landesbezirksvorsitzender von Verdi, machte geltend, dass er nicht viel von ihnen hält, obwohl er zugeben musste, dass die SPD diese Gesetze verabschiedet hat. Ähnlich nahm Martina Gregersen von der GAL Stellung. Sie betonte, dass sie der „lange Atem der Montagskundgebung“ beeindrucke. Sie vertrat, dass man jetzt die Regelsätze anpassen müsse, weil „auch die Preise gestiegen sind“. Ihre Kritik am SPD-Vertreter war, dass die versprochenen Nachbesserungen nicht eingehalten würden. Von den wählbaren Kandidaten traten einzig Zaman Masudi und Wolfgang Joithe (beide „Die Linke“) klar für die Abschaffung von Hartz IV ein.

In der anschließenden Runde des Offenen Mikrofon kamen dann die Montagsdemonstranten zu Wort. Eine Vertreterin des „Frauenverbands Courage“ aus Hamburg machte deutlich, dass nicht „schöne Worte“, sondern Taten zählen: „Hartz IV muss weg, gerade weil sich die Armut in den Familien immer weiter ausbreitet. Immer mehr Frauen wissen nicht, wie sie ihre Familie ernähren sollen.“ Das ist ihre unmittelbare Erfahrung als Kindergärtnerin. Sie war sich sicher: „Das Geld ist da und zwar bei den großen Konzernen!“

Diese Auffassung unterstützte ein Sprecher der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands, die sich an der Bürgerschaftswahl nicht beteiligt. Er bekräftigte die Auffassung, „dass wir nur Erfolg haben, wenn wir für unsere eigene Zukunft selber kämpfen“. Seiner Meinung nach kann dies nur eine sozialistische Zukunft sein. Mit einem schönen selbstgemachten Transparent („Um unsere Zukunft kämpfen wir!“) meldeten sich die MLPD-Nachwuchsorganisationen „Rotfüchse“ und „Rebell“ zu Wort.

Dass Wirtschaftswachstum an sich für die einfachen Leute keine Zukunftsperspektive ist, betonte ein kämpferischer Eisenbahner: Wenn es einfach danach ginge, hätte sich die Lage der Menschen gerade in den letzten Jahren deutlich verbessern müssen. Aber das Gegenteil ist der Fall, denn seit den siebziger Jahren erleben die Arbeiter einen massiven Lohnverlust. Gerade der Kampf der Lokführer hat gezeigt, dass man für offensive Forderungen erfolgreich kämpfen kann, wenn man sich der Profitlogik nicht unterordnet.

Andere Montagsdemonstranten kritisierten, dass die Parlamentarier sich selbst die Diäten erhöhen und für die Hartz IV-Betroffenen nur zynische „Er­nährungsratschläge“ übrig haben, wie aktuell der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin.

Die Unterstützung der Forderung nach einem Mindestlohn durch Wolfgang Rose (SPD) war den Montagsdemonstranten sicher recht. Aber warum blieb er dann in der Höhe so unkonkret? Sorgen machten sich Montagsdemonstranten auch, wohin sich die Gesellschaft noch entwickeln soll, wenn sich die sozialen Gegensätze weiter verschärfen. Ängste vor einem Dritten Weltkrieg oder einem Bürgerkrieg wurden angesprochen.

Dass Wirtschaftswachstum und -förderung gerade auf Kosten der Arbeiter durchgesetzt werden, zeigt sich deutlich am Beispiel des Airbus-Sanierungs­programms „Power 8“, durch das in Hamburg sogleich eine große Zahl von Leiharbeitern ihren Job verloren haben. Das bekräftigte auch Zaman Masudi („Die Linke“), die auch die drastischen Folgen für die natürlichen Lebensgrundlagen durch die Landebahnerweiterung und das Zuschütten des Mühlenberger Lochs kritisierte.

Insgesamt konnten sich alle ein lebendiges Bild von der durch die Bürgerschaftskandidaten vertretenen Politik machen. Die Montagsdemonstranten beeindruckten als kompetente „neue Politiker“ und Experten in einem breiten Spektrum politischer, nicht nur sozialer Fragen. Sie nahmen sich auch die Freiheit, über den Tellerrand des Parlaments hinauszudenken – im Sinne einer echten gesellschaftsverändernden Alternative: für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, mit Elementen der direkten Demokratie, wie sie mit dem Offenen Mikrofon und den Abstimmungen auf der Straße eingeübt werden.

Sogar Herr von Frankenberg (CDU) kam nicht umhin, sich für den solidarischen Umgang miteinander zu bedanken: „Obwohl ich weiß, dass hier viele anderer Meinung sind, hat man mich aussprechen lassen und nicht niedergepfiffen. Das Offene Mikrofon ist sicher eine bedeutende demokratische Einrichtung“, zog er zum Schluss sein Fazit. Darum forderte ihn der Moderator der Montagskundgebung auch auf, sich im Senat für die Beseitigung der Beschränkungen durch die Versammlungsbehörde einzusetzen.

Zuschrift von Jörn Bader (Montagsdemo Hamburg)
Der olle Beust leistet der Steuerhinterziehung Vorschub: Unter seiner Regentschaft wurde die Zahl der Steuerfahnder in Hamburg reduziert („Die Welt“)

 

Steuerflucht und Uranbomben

Wieland von HodenbergNeuerdings ist aus den Prachtvillen der privilegierten Wohngegenden ein seltsames Geräusch zu vernehmen: Das Angstschlottern der Milliardäre vor der Steuerfahndung! Der Staat würde jetzt „hart durchgreifen“, tönt es landauf, landab aus SPD-Zentralen und aus den Medien. So wie bei den Hartz-IV-Be­troffenen? Oder wird nun endlich mittels „bundes­weiter Zasterfahndung“ den wahren Sozialschmarotzern „die Hölle heiß gemacht“? Das wäre übrigens ein durchaus adäquater Verbannungsort als Strafe für diese Herrschaften! Gut vorgewarnt können sie aber leider in aller Ruhe abwarten, bis sich der Sturm gelegt hat, wohl wissend, dass den Fahndern dank ihrer Steuerflucht erstens Geld und Personal und zweitens auf Dauer der Mut fehlen wird. Ist das Ganze nur eine wohlinszenierte Show, um von ganz anderen Dingen abzulenken? Von neuen Verschärfungen bei Hartz IV beispielsweise, wofür die „Blöd“-Zeitung gerade mit übelster Stimmungsmache den Boden bereitet hat, oder ganz allgemein für einen viel weitergehenden Schlag gegen die demokratischen Grundrechte?

Mit dem Stichwort Hartz IV wären wir bei den Untaten der Schröder-Re­gierung. Diese hatte zwar 2002 aus wahltaktischen Gründen ihre Teilnahme am Irak-Krieg lautstark „verweigert“, in Wahrheit jedoch heimlich 60 bis 70 Bundes­wehrsoldaten an der Seite von US-Einheiten an Kriegshandlungen mit Uranwaf­feneinsatz teilnehmen lassen. Um den Unmut der US-Regierung zu beschwichtigen und gleichzeitig hier die Öffentlichkeit zu täuschen, wurden die Soldaten vorübergehend bei der Bundeswehr ausgemustert mit der angeblichen Zusage, sie nach dem Einsatz wieder „einzumustern“. Wie der Journalist Christoph Hörstel in der Züricher Wochenzeitung „Zeit-Fragen“ berichtet, wurde ein ganzer Infanterie-Zug auf diese Weise als Kanonenfutter der USA im Irak verstrahlt. Nach Aussagen eines erkrankten Unteroffiziers starb die Hälfte der Soldaten nach dem Einsatz an Krebs. Hörstel schreibt weiter, dass es neben dem Vorwurf des politischen Falschspiels einen womöglich noch schwerer wiegenden Gesichtspunkt gebe. Es sei nämlich kaum anzunehmen, dass die Führungsspitzen der beiden Armeen nicht gewusst hätten, welcher Art der Einsatz der „Leihsoldaten“ sein sollte. Mit Sicherheit war er geeignet, so Hörstel, US-Truppenteile von derart verlustreichen militärischen Operationen zu entlasten. Dem Risiko der tödlichen Verstrahlung sei sich damals auch die Bundesregierung bewusst gewesen.

In Afghanistan sind nach Schätzungen von Professor Albert Stahel, Dozent für Strategische Studien an der Uni Zürich, die Hälfte aller eingesetzten US-Bomben Uranbomben – was das Pentagon bestreitet. Die Bundeswehr leistet hier im wahrsten Sinne des Wortes Schützenhilfe durch den Einsatz ihrer Tornado-Aufklärer. Die betroffenen Menschen leiden extrem unter den bekannten Folgewirkungen. Schwer geschädigte Kinder sterben in den Krankenhäusern nur wenige Tage nach der Geburt unter furchtbaren Schmerzen. Wer dies in Afghanistan an die Öffentlichkeit bringt, muss nach Aussagen von Doktor Miraki, Leiter des „Women-Hospital“ in Kabul um sein Leben fürchten. Repressalien verschiedenster Art seien an der Tagesordnung. Daher trauten sich Eltern nicht, ihren und ihrer Kinder Namen zu nennen, Ärzte wollen sich nicht an Untersuchungen beteiligen, und Klinikleitungen wollen die Untersuchungen nicht anordnen. Hörstel stellte fest, dass dies auch ein von Deutschen geführtes und finanziertes Kabuler Krankenhaus bestätigt.

Der Einsatz von Uranwaffen ist ein eklatanter Bruch von Menschen- und Völkerrecht! Die Bundesrepublik macht sich durch ihre Beteiligung mitschuldig an diesem beispiellosen Verbrechen. Daher die dringende Forderung an den Bundestag, einer Verlängerung des Isaf- und Tornadoeinsatzes nicht zuzustimmen, weil dies weitere Uranwaffenverwendung zwangsläufig unterstützt. Die Friedensbewegung wird auch diese Art der Kriegsführung zum Thema machen und auf eine internationale Ächtung von Uranwaffen und Splitterbomben dringen. Darüber hinaus bleibt der vollständige Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan auf der Tagesordnung!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)
 
Alle sechs Monate: Nazi-Anschlag auf Bremer Infoladen („Tageszeitung“)

 

Weg mit der Kürzung bei Frauen-Projekten durch den Bremer Senat!

Letzte Woche war im „Weser-Kurier“ zu lesen, dass der Bremer Senat massive Kürzungen bei Frauen-Projekten vornehmen will. Betroffen sind so wichtige Einrichtungen wie die Beratungsstelle zum Ausstieg aus der Prostitution, der Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen, das Krebsregister, die Mütterzentren in Tenever, Vahr, Blockdiek und Huchting und das Mädchenhaus in Bremen. Die Kürzungen sind so massiv – sie gehen teilweise bis zu 50 Prozent der Mittel –, dass die weitere Existenz dieser Frauen-Projekte bedroht ist.

Harald BraunEs sind sowieso die Frauen, die in dieser Gesellschaft besonders benachteiligt werden. Das Grundgesetz sichert ihnen zwar Gleichberechtigung zu, in Wirklichkeit gibt es sie aber nur auf dem Papier: Frauen bekommen für denselben Job 30 Prozent weniger Lohn als Männer, viele Frauen stecken in einer täglichen Zerreißprobe durch die Doppelbelastung von Beruf und Familie. Und durch die Umverteilungspolitik von unten nach oben werden immer mehr soziale Aufgaben auf die Familien abgewälzt, die vor allem von den Frauen getragen werden müssen. Wie ein Hamster im Rad kümmern sie sich um Kindererziehung, häusliche Altenpflege und die Last der Hausarbeit – oftmals mit Mini-Jobs oder Mini-Rente.

Diese Zustände müssen sich ändern – dafür sollten wir gemeinsam kämpfen! Ich schlage vor, dass bei einer der nächsten Montagsdemos die Situation der Frauen und der Kampf um echte Gleichberechtigung und Befreiung zum Thema gemacht wird. Wir könnten zum Beispiel den Internationalen Frauentag am 8.März dazu nutzen. Außerdem sollten wir eine Erklärung der Bremer Montagsdemo herausgeben, in denen wir die Kürzungspläne des Senats ablehnen und die Proteste der betroffenen Frauen-Projekte unterstützen. Und ich möchte euch über die Weltfrauenkonferenz informieren, die von Basisfrauen für 2011 in Venezuela vorbereitet wird. Wer sich dafür interessiert, kann im Internet mehr über dieses begeisternde Experiment erfahren.

Harald Braun
 
Mit „Deutschem Gruß“: Delmenhorster Musiklehrer lässt
Zehntklässler Hitler-Hymne einüben („Tageszeitung“)
 
Fünfter Anschlag in Folge: Jugendbildungsstätte, die Seminare zum Thema
Rechtsextremismus durchführt, mit Steinen beworfen („Tageszeitung“)

 

Schere zwischen Arm und Reich
geht immer weiter auseinander

Die Zahlen der Menschen und Familien, die sich bei der „Tafel“ und bei Suppen­küchen ihre Lebensmittel und Nahrung holen müssen, wird immer größer. Allein im letzten Jahr ist die Zahl der Nutzer der „Tafeln“ um 300.000 auf über eine Million gestiegen. An manchen Tagen stehen nicht genügend gespendete Lebensmittel zur Verfügung.

Immer mehr Menschen können vom Ertrag ihrer Niedriglohn-Arbeit nicht leben und sind auf Sozialunterstützung angewiesen. Die Arbeitsgemeinschaften – in Bremen Bagis genannt – wenden immer öfter und schärfer ihre Drang­salierungen und Kürzungen an, um die stark ansteigenden Kosten zu drücken. Die Politik stempelt jeden Hartz-IV-Empfänger grundsätzlich zum Alkoholiker ab. Diese Beschimpfung ist nichts anderes als üble Volksverhetzung!

Jobst RoseliusAuf der anderen Seite wird die Zahl derer, die sich wie Post-Manager Zumwinkel verhalten, „um den Hals noch voller zu bekommen“, ebenfalls immer größer. Legale und illegale Wege, Steuern zu umgehen und zu hinterziehen, werden millionenfach beschritten. Ganze Staaten – wie die Schweiz und Liech­tenstein – und Dienstleistungsbereiche sorgen dafür, dass das geräuschlos passiert. Die Steuerämter werden gerade da immer mehr ausgedünnt, wo eine Kontrolle am sinnvollsten und leichtesten wäre. So kommen immer mehr Gutverdienende in die Versuchung, „auch ihren Teil zu sichern“.

Die Politik sogt sich, die „Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft“ gerieten „in Gefahr“, und zeigt sich empört über das „Fehlverhalten“ solcher „Vorbild“-Gestalten. Die Medien wollen uns immer noch eine fast heile Welt vorgaukeln, aber der Loslösungsprozess von diesem kapitalistischen System wird bis in die Köpfe der sogenannten Mittelschicht immer größer. „Bei dem Ganzen wird einem immer unwohler“, hörte ich einen ehrlichen Menschen sagen. Aber Wahlen wie am kommenden Sonntag in Hamburg, das weiß jede(r), entscheiden nicht wirklich, wie es weitergeht.

Die arbeitenden Menschen, die gewerkschaftlich aktiv sind, werden die Tarif­runde in der Stahlbranche oder im öffentlichen Dienst schon nutzen, um ihre Forderungen richtig anzubringen. „Nicht lange zappeln“, haben die Kollegen der BVG in Berlin gesagt und zwei Tage gestreikt. Der Berliner Senat aus SPD und PDS war geplättet. Die Sympathie und Solidarität der Bevölkerung waren groß: Spontan haben die Autofahrer an den Haltestellen Wartende aufgenommen und mitgenommen.

Herr Schäuble und die „öffentlichen Arbeitgeber“ sind entrüstet, dass Verdi gleich so „loslegt“: „Fünf Prozent sind doch ein tolles Angebot, und ein Stündchen länger arbeiten in der Woche, das ist doch halb so schlimm!“ Das Arbeitgeberangebot ist nichts als eine Mogelpackung: Über den ganzen Zeitraum mit allen Stufungen von „Erhöhung“ und Arbeitszeitverlängerung kämen in einer bestimmten Gehaltsgruppe bei einem Stundenlohn von 11,77 Euro gerade mal zwei Cent Erhöhung heraus. Herr Schäuble und seine Parlamentskollegen, die sowieso in einer viel höheren Gehaltskategorie sind, haben sich ohne große Diskussion mal eben 9,4 Prozent Diätenerhöhung gegönnt!

Der Kampf der Werktätigen ist für die ganze Gesellschaft da. Unterstützen wir diesen Kampf, wo wir nur können! Ob Rentner oder Arbeitsloser, alle werden mitgerissen, und sie alle können Teil eines neuen Aufschwungs der Kämpfe in großem Umfang werden. Mal sehen, wohin die Reise geht!

Jobst Roselius
 
Schluss mit dem Reibach mit Ein-Euro-Jobbern: Bremer Senat
kürzt Trägerpauschale um 40 Prozent („Tageszeitung“)

 

Professor Unsinn zu „Blöd“

Bettina FenzelEs nützt uns nichts, die „Bild“-Zeitung zu zerreißen. Es stellt sich die Frage: Wie können wir verhindern, dass die neoliberalen Lügen die breite Masse der Menschen erreichen? Was für eine Strategie steckt hinter dieser Verleumdungskampagne? Wer sind ihre Drahtzieher?

Die „Bild“-Zeitung gehört zu einem Großkonzern, der das Ziel hat, den Gewinn zu maximieren. Wie kann er dies am allerbesten erreichen? Es wird durch die „Bild“-Zeitung eine Kampagne gestartet, die arbeitslose Menschen diffamiert und in der Öffentlichkeit bloßstellt, um gegen sie Stimmung zu machen – mit der Absicht, sie trotz Armut zum Arbeiten zu zwingen. Wir sollten uns fragen: Wollen wir Arbeit um jeden Preis? Wie können wir das Leben so gestalten, dass die Arbeit sinnvoll ist, ohne dass die Menschen dadurch zerstört werden und daran zugrunde gehen?

Im Buch „Medienmacht und Widerspruchserfahrung ist zu lesen: Wenn man eine große Lüge erzählt und sie oft genug wiederholt, dann werden die Leute sie am Ende glauben. Man kann die Lüge so lange behaupten, wie es dem Staat gelingt, die Menschen von den politischen, wirtschaftlichen und militärischen Konsequenzen der Lüge abzuschirmen. Deshalb ist es von lebenswichtiger Bedeutung für den Staat, seine gesamte Macht für die Unterdrückung abweichender Meinungen einzusetzen. Die Wahrheit ist der Todfeind der Lüge, und daher ist die Wahrheit der größte Feind des Staates.“ So dachte Joseph Goebbels, Propagandaminister der Nazis.

Die „Bild“-Zeitung und andere Medien, die den neoliberalen Ungeist verbreiten, belügen und betrügen die breite Bevölkerungsmehrheit in dem Sinne, dass eine kleine Minderheit von Reichen sich weiter bereichern kann. Der Staat vertritt die Interessen der Reichen, gibt uns aber vor, unsere Interessen vertreten. Doch er handelt im Gegenteil, indem er den Reichen gibt, in Form von Steuergeschenken, und einseitig die Armen belastet!

Rosa Luxemburg spricht von der „Freiheit der Andersdenkenden“. Diese hat ihre Grenze, wenn Zeitungen neoliberale Lügen verbreiten! Die Studentenbewegung forderte 1968 die Enteignung des „Springer“-Verlages. Wir sind aufgerufen, für diese berechtigte Forderung einzutreten und zu kämpfen! Die Beschäftigten von „Springer“ sind aufgerufen, den Verlag zu übernehmen und eine Presse herauszugeben, die keine Lügen mehr verbreitet!

In der „Bild“-Zeitung vom 12. Februar 2008 ist unter anderem „die große Hartz-IV-Diskussion“ zu lesen: „Arbeiten? Ich bin doch nicht blöd!“ Auf Seite 2 folgt „Die große Job-Diskussion in Deutschland“: „Wozu Arbeiten? Hartz IV reicht doch!“ Experten fordern, Arbeitslose mehr zu fordern. Professor Unsinn zu „Blöd“: Der Staat lässt nur 100 Euro eigenen Verdienst zu. Für jedem Euro, den man mehr verdient, werden 80 Cent vom Hartz IV abgezogen. Wer 5 Euro pro Stunde netto verdienen will, braucht 25 Euro brutto, damit es sich lohnt, denn 20 Euro kassiert der Staat. Aber Jobs für 25 Euro gibt es kaum. Das ist der Hauptgrund für die Arbeitslosigkeit!“

Auch Professor Thomas Sträubhaar, Chef des „Ieh, Weh-Weh, Ha!“-Instituts, sieht Hartz IV als Bremse bei der Jobsuche: Der Abstand zwischen einem Leben mit und ohne Job ist ganz offensichtlich zu gering! Seine Forderung lautet: Dass die enorm hohen Belastungen durch die Lohnnebenkosten einen breiten Keil zwischen Brutto und Netto treibe, müsse sich ändern, indem die beitragsfinanzierten Sozialversicherungssysteme durch steuerfinanzierte Grundsicherungsmodelle ersetzt werden.

Der „Wirtschaftsweisen“-Chef fordert jetzt mehr Druck von den Arbeitsagenturen. Professor Rühr-Up zu „Blöd“: „Im Gesetz steht, dass Hartz-IV-Empfänger jede zumutbare Arbeit annehmen müssen. Diesen Grundsatz in der Praxis durchzusetzen, ist die Aufgabe der Arbeitsvermittler. Zudem machen die Hinzuverdienst-Regelungen Minijobs im Vergleich zu einer regulären Beschäftigung viel zu attraktiv!“

Die Ausgabe vom 13. Februar 2008 schlagzeilt auf Seite 1: „Job-Vermittler klagen an: Zu viele Arbeitslose drücken sich vor der Arbeit!“ Alle, die sich in der „Blöd“-Zeitung zu Wort melden, sind selbst nicht von den Hartz-Gesetzen direkt betroffen, sondern sie haben geholfen, sie durchzusetzen. Sie profitieren indirekt davon, denn setzt sich der Niedriglohnsektor durch, werden die Profite der Konzerne gesteigert.

Im „Arbeitnehmerkammer“-Bericht „Armut in Bremen – hilfebedürftig trotz Arbeit“ ist zutreffend vermerkt: „Die Bundesregierung hat sich bei der Festlegung des im SGB II geregelten Bedarfsniveaus nicht den Werten angeschlossen, die von der EU für die von ihr ermittelte relative Armutsschwelle zugrunde gelegt werden. Gemessen am EU-Standard ist das in Deutschland festgelegte Bedarfsniveau also bereits im Ausgangspunkt nicht armutsfest. Verlängert man diesen Befund auf die Leistungsbemessung und Zuwendung, dann wird deutlich, dass deutsche Leistungsbezieher(innen) nicht das sozio-ökonomische Existenzminimum erreichen.“

Es ist eigenartig, dass in der öffentlichen Debatten selten die mickrigen Löhne zum Thema gemacht werden. Stattdessen müssen sie immer öfter als Anlass für Debatten über die „Angemessenheit“ der Höhe des staatlich fixierten Versorgungsniveaus herhalten. Die Antwort auf diese Frage kann nur darin bestehen, dass die regierungsamtliche Politik sich bislang wenig am sinkenden Niveau gesellschaftlicher Durchschnittslöhne und Gehälter sowie der einhergehenden Verminderung der Konsumtionskraft der Arbeiternehmer(innen) gestört hat, sondern an der Höhe der Kosten, die für die Deckung des Bedarfs der Hilfebedürftigen zu veranschlagen sind. Insofern liegt der Schluss nahe: Das allgemeine Lamento über den „Leistungsmissbrauch“ dient letztlich nur dazu, den Druck auf die Hilfebedürftigen und mögliche Leistungskürzungen ideologisch vorzubereiten.

Die „Bild“-Zeitung verbreitet hier Lügen in Sinne all derer, die Niedriglöhne wünschen, um ihre Profite zu mehren! Hartz-Gesetze und Agenda 2010 spiegeln die Interessen der Reichen wider. Es stellt sich die Frage: Wenn es laut Aussage von „Bild“ den Menschen mit 347 Euro in Monat zu gut geht, wieso gibt es dann materielle und Bildungsarmut in Deutschland? Für die Arbeitnehmer(innen) bedeutet das kurzfristige Lohnsteigerungen: Sie zahlen keine Beiträge in die sozialen Sicherungssysteme. Doch was geschieht, wenn sie krank, berufsunfähig, arbeitslos, alt werden? Dann stehen sie mittellos da. Sie können auf der Straße verrecken!

Die Arbeitgeber müssen keine Beiträge mehr einzahlen, und ihre Profite steigern sich auf Kosten der Beschäftigten. Die Arbeitgeber sind für das Alter in der Regel abgesichert. Von ihnen wird vorgeschlagen, aus steuerlichen Mitteln eine Grundsicherung zu bezahlen. Doch die Spitzenverdiener zahlen immer weniger Steuern. Allein durch die Vermögensteuer, die seit 1995 nicht mehr erhoben wird, fehlen Bremen im Jahr 100 Millionen Euro. Das dürfen Behinderte und arme Menschen mit massiven Sozialabbau bezahlen, da die Kommunen und Länder immer weniger Geld vom Bund erhalten!

Wer also profitiert von einer aus steuerlichen Mitteln finanzierten Grundsicherung? Das sind die Arbeitgeber, die Reichen, die keine Beiträge mehr in die sozialen Absicherungssysteme entrichten müssen und immer weniger Steuern zahlen! Die Reichen gehören dazu verpflichtet, in die Renten- und Krankenversicherung einzuzahlen und Vermögensteuer für eine Bürgerversicherung zu entrichten, wie es die SPD und der DGB im Bundeswahlkampf 2005 forderten. Nur will die SPD heute nichts mehr davon wissen!

Unsere Aufgabe stellt sich darin: Welche Strategien können wir entwickeln, um den Kampf für die Enteignung des „Springer“-Verlags und privater wie öffentlicher Medien zu entwickeln und eine neoliberale Manipulation und Verbreitung von Lügen im faschistischen Sinne zu verhindern? Um für eine solidarische Gesellschaft zu kämpfen, in der Starke den Schwachen helfen und der Reichtum gerecht verteilt ist?

Die Erwerbsloseninitiativen fordern zehn Euro in der Stunde als Mindestlohn, die Erhöhung des Regelsatzes auf 500 Euro in Monat und die Einführung der 30-Stunden-Woche bei vollen Lohn- und Personalausgleich. Wer die Armut bekämpfen will, kämpft für diese Ziele! Für eine gerechte Verteilung des Reichtums!

Bettina Fenzel (parteilos)
 
Dummer, frecher, alter Mann: Beck’s notorische Nichtrasur („Spiegel-Online“)
 
Stigmatisierung: Ein-Euro-Jobs sind was
für Drogenabhängige und Haftentlassene („Tageszeitung“)
 
Nicht ganz sauber: Putzfirma zockt Staat ab („Spiegel-Online“)

 

Vom Sozialstaat zum Almosen-
und Suppenküchenstaat

1. In der vergangenen Woche trieben es Gazetten wie die „Blöd“-Zeitung mit der Hetze gegen uns Erwerbslose mal wieder auf die Spitze. Ja, es stimmt, dass viele Arbeitnehmer weniger Geld als Hartz-IV-Empfänger bekommen. Statt zu erkennen, wie groß der Bedarf an einem angemessenen, einheitlichen Mindestlohn ist, um die sich ausbreitende Pest von Dumpinglöhnen endlich einzudämmen, wird gegen uns gehetzt mit: „Da kann man ja gleich im Bett liegen bleiben!“ und: „Für immer mehr Beschäftigte lohnt sich die Arbeit nicht mehr. Denn mit Hartz IV stehen viele finanziell besser da als mit einem Vollzeitjob.“

Es wird behauptet, die Studie des „Instituts für Weltwirtschaft“ enthülle, dass ein Paar mit drei Kindern einen Bruttoarbeitslohn von 2567,89 Euro bekommen müsse, um netto genauso viel zu haben wie eine vergleichbare Hartz-IV-Familie. Die Studie: „Insgesamt sind die benötigten Brutto-Einkommen gerade bei Haushalten mit Kindern so hoch, dass nur bei gut bezahlten Stellen ein Anreiz zur Arbeitsaufnahme besteht.“ Wer arbeite, sei ein „Idiot“. Vor allem für Geringqualifizierte lohne es sich nicht, eine Stelle anzunehmen, weil unterm Strich bei Geringverdienern kaum oder gar nicht mehr Geld rauskomme.

Dabei würden die allermeisten von uns Erwerbslosen ja gerne wieder gegen Entgelt arbeiten, wenn man uns nur ließe. Volksverhetzung als Volkssport! Eine ge„bild“ete Gesellschaft zeigt Härte gegenüber den Schwachen, Armen, Kranken, Behinderten und Alten. Wäre es nicht so traurig, könnten wir über die Klugschwätzer lachen, die nur so lange Faxen machen, wie sie die harte Realität der „sozialen Hängematte“ nie selbst erleben mussten. Das „Schaukeln“ darin ist längst zu einem Drahtseilakt über einer Rasierklinge avanciert, mit links und rechts geifernden Mitbürgern, die uns nicht den Dreck unter dem Fingernagel gönnen möchten.

Heutzutage erschleichen sich vielmehr zahlreiche Unternehmer Sozialleistun­gen, indem sie permanent die Löhne senken. Insofern ist die Kampagne der „Blöd“-Zeitung beschämend und heuchlerisch zugleich. Gerade der „Springer“-Verlag ist ein Beispiel für den Abbau von Arbeitnehmerrechten und Bezahlung mit Hungerlöhnen. „Springer“ zeigt sich erneut als Sprachrohr von Kreisen, denen auskömmlicher Lohn und Arbeitnehmerrechte ein Dorn im Auge sind. Statt die skandalösen Niedriglöhne und die gleichzeitige Mitnahmementalität vieler Arbeitgeber anzuprangern, werden erneut Menschen vorgeführt, die kaum am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können!

 

Elisabeth Graf2. Es kommt noch schlimmer: Nach Erkenntnissen des Rechnungshofs erhalten vier von zehn ALG-II-Empfängern „zu hohe Leistungen“. Sie liegen im Schnitt angeblich um 119 Euro über dem Satz, der von der jeweiligen Grundsicherungsstelle als „angemessen“ festgelegt wird. Jetzt leben diese Hartz-IV-Empfänger auch noch in zu großen Wohnungen!

Der Bundesrechnungshof hat derlei „gravierende Mängel“ bei der staatlichen Unterstützung von Langzeitarbeitslosen gerügt. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete am Freitag unter Berufung auf eine Untersuchung der Bonner Behörde, dass die Zuschüsse für Miete und Heizkosten oft falsch oder sogar rechtswidrig berechnet und ausgezahlt würden. Nach Angaben der CDU verschwendet der Staat dadurch pro Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag. Die Behörden gehen nach Meinung des Rechnungshofes zu zögerlich gegen diese vermeidbaren Ausgaben vor.

Langzeitarbeitslose dürften insgesamt nur sechs Monate lang „unangemessen hohe Kosten“ für die Wohnung oder Heizkosten geltend machen. Nach den Worten des haushaltspolitischen Sprechers der Union, Steffen Kampeter, sei es realistisch, einen hohen dreistelligen Millionenbetrag für die entstandenen Mehrkosten zu veranschlagen. Hartz IV sei zu einer großen, zum Teil rechtswidrigen Ausweitung sozialer Leistungen geworden, sagte er der „Süddeutsche Zeitung“. In vielen Kommunen werde eine stillschweigende „Ausbeutung des Sozialstaates“ betrieben. Das sei den 40 Millionen Arbeitnehmern, die mit ihren Steuergeldern dafür aufkämen, „nicht zuzumuten“.

Wenn aber die Mietobergrenzen derartig verantwortungslos unrealistisch zu niedrig angesetzt werden, ist es fast unvermeidlich, sie nicht durch Konfrontation mit der Realität zu „überschreiten“!

 

3. Die Bremer Suppenküchen haben bestimmt einen derartigen Zulauf, weil Hartz IV so „üppig“ ausfällt, denn immer mehr Hilfsbedürftige in Bremen und Niedersachsen nehmen deren Angebote in Anspruch! Nach Angaben der „Diakonie“ in Hannover ist ihre Zahl allein seit vergangenem Dezember um etwa 30 Prozent gestiegen. „Bislang waren es nur die Wohnungslosen, die zu uns gekommen sind“, sagt „Diakonie“-Pastor Hans Martin Joost. Immer häufiger kämen allerdings auch Arbeitslosengeld-II-Empfänger und Menschen mit Arbeit, deren Einkommen nicht für ein warmes Essen ausreiche.

Diese Erfahrung haben auch die Verantwortlichen der Begegnungsstätte „Bremer Treff“ gemacht. Ein Sprecher der Einrichtung sagte, es seien im Vergleich zum vergangenen September etwa zehn bis zwanzig Prozent mehr „Gäste“ pro Tag da. Aufgrund der zunehmenden Armut müsse davon ausgegangen werden, dass die Zahl von mehr als 14.000 zubereiteten Essen pro Jahr schon bald nicht mehr ausreicht. Die „Caritas“-Verbände in Bremen und Bremerhaven haben auf diese Entwicklung bereits reagiert: In diesem Jahr wird die speziell für die Wintermonate eingerichtete mobile Essensausgabe in Bremen etwa sechs Wochen länger unterwegs sein als ursprünglich geplant.

Der Bereichsleiter der Wohnungshilfe der „Inneren Mission“ bestätigte diesen Trend. Er sagte, die Schere zwischen Arm und Reich gehe immer weiter auseinander. Vor allem ältere, alleinstehende Frauen griffen immer häufiger auf die sozialen Essensangebote zurück. Die unsoziale Politik der Großen Koalition und die Hartz-Gesetze stehen für die Vertiefung der gesellschaftlichen Spaltung und die Zerschlagung des Sozialstaats – hin zum Almosen- und Suppenküchenstaat.

 

4. In Bremen wird etwa 5.000 Niedrigverdienern von den Banken ein Girokonto verweigert. Kein Konto zu haben erschwert das Leben ungemein. Teuer ist es dazu. Leider ist die Selbstverpflichtung der Banken, allen ein Konto auf Guthabensbasis zu gewähren, nicht mehr als heiße Luft. So müssen viele Hartz-IV-Empfänger pro Überweisung an den Vermieter oder die Stadtwerke um die fünf Euro bezahlen, was einem Tagessatz gleichkommt, von dem sie eigentlich ihr tägliches Auskommen finden sollen.

Vielen „Klienten“ wird ein Guthabenkonto verweigert, weil sie einen negativen Schufa-Eintrag haben. Das hat für die Betroffenen oft fatale Konsequenzen. Die Banken sperren sich, weil angeblich die Konten von verschuldeten Menschen besonders überwacht werden müssen: Es könne ja etwas gepfändet werden. Welche Gründe auch immer angeführt werden, letztlich geht es um die Profitorientierung der Banken: Mit Hartz-IV-Empfängern lässt sich kein Geld verdienen. Sie nehmen keinen Kredit auf, und weil sie ihr Konto nicht überziehen dürfen, fallen auch sonst keine Zinsen an. Man kann ihnen keine Spar- oder Bausparverträge aufschwatzen. Arme sind als Kunden einfach unattraktiv!

Viele beschaffen sich statt eines Girokontos ein Sparbuch. Allerdings kann ein solches auch unterhalb der Pfändungsgrenze gepfändet werden. Ansonsten bleibt nur, alles in bar auf fremde Konten einzuzahlen – mit den entsprechenden Gebühren, versteht sich.

 

5. Wird von uns vielleicht eher ein „sozialverträgliches Ableben“ erwartet, ganz nach dem Vorbild eines Erwerbslosen aus Hannover? Seit Oktober 2007 hatte der 58-Jährige kein Arbeitslosengeld mehr erhalten und sich daraufhin wohl zum „freiwilligen Hungertod“ entschlossen.

Er fuhr mit seinem Rad in den Solling, wo er sich auf einem Hochsitz einen Platz zum Sterben auserkoren hatte. Sein langsames Sterben hat er in einem Tagebuch festgehalten. Das geht unter die Haut! Dies ist nun schon der zweite offiziell festgehaltene Hungertod eines Hartz-IV-Empfängers – ich erinnere an den des 20-Jährigen aus Speyer.

Einerseits sind die Sozialbehörden dazu verpflichtet, bei Notlagen unterstützend zu handeln, andererseits macht es die Sanktionspraxis der Asozialgesetzgebung möglich, dass Erwerbslosen bis zu 100 Prozent der Leistungen gekürzt werden, Menschen also verhungern können. Ein Paradoxon! Durch die rigorose Einsparpolitik der Agenda 2010 wurde der Sozialbereich radikal abgebaut, sodass viele Menschen inzwischen durch alle Raster der Hilfsangebote fallen.

 

6. Während Erwerbslosen jeder Quadratmeter und jeder Euro „zu viel“ missgönnt wird und ihnen bei den Banken ein Guthabenkonto verwehrt bleibt, sieht das bei Managern natürlich ganz anders aus! Trotz offensichtlichen Reichtums kann die geifernde Gier gar nicht heiß genug sein, trotz ihres Einkommens vom Hundertfachen eines normalen kriegen sie den Hals einfach nicht voll! Die Razzia bei Postchef Zumwinkel war erst der Anfang: In diesen Tagen gibt es in ganz Deutschland weitere Untersuchungen. Hunderte Verdächtige – darunter weitere Prominente – stehen im Mittelpunkt der Ermittlungen.

Die Kleinen hängt man! Was geschieht mit den Großen? Offenbar gibt es massenhaft Unterlagen aus einer Bank in Liechtenstein, die darauf hinweisen, dass möglicherweise mehrere Millionen Euro am deutschen Fiskus vorbeigeschleust wurden. Der erste, bei dem Ermittler Haus und Büro filzten, war Klaus Zumwinkel. Er stehe im Verdacht, mittels Geldanlagen in liechtensteinischen „Stiftungen“ Steuern in einer Größenordnung von rund einer Million Euro hinterzogen zu haben, teilte die Staatsanwaltschaft Bochum mit. Gegen den 64-Jährigen wurde Haftbefehl erlassen, aber gegen Kaution außer Vollzug gesetzt.

Berliner Regierungskreisen zufolge werde der Skandal – unabhängig vom Ergebnis der Ermittlungen – Zumwinkel wohl seinen Job kosten, berichtete die „Financial Times Deutschland“ noch am Tage der Razzia. Auch aus Post-Kreisen hieß es dem Bericht zufolge, sei Zumwinkels Ruf ruiniert. Die Steuergewerkschaft schätzt den Ausfall durch Steuerhinterziehung auf circa 30 Milliarden Euro jährlich. Und da reden alle von leeren Kassen!

Ich möchte nicht wissen, wer auf diese Art so alles aus den Löchern kriecht und ungeschoren davonkommt, ohne dass es publik wird. So eine Nachzahlung tut diesen Hochkriminellen schließlich nicht weh! Gefängnis wäre da etwas anderes, und zwar unter ebenfalls hoch Kriminellen, nicht im offenen Kuschelvollzug! Wehe, ein „Hartzer“ kassierte mal zu viel ab, egal ob absichtlich oder unwissend – der kriegt die volle Härte zu spüren, bis hin zum Knast! Ein doppeltes Problem der Maßlosigkeit – unten im Verzichtenmüssen, oben beim hemmungslosen Bereichern – scheint das Bemessen mit zweierlei Maß zu verfestigen!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)
 
Hamburger SPD geschockt über „passive Zusammenarbeit“: Lässt sich Ypsi-Püppsi von der „Linken“ auf den Hessen-Thron heben? („ Spiegel-Online“)

 

Was uns passiert,
kann nicht normal sein

Ich habe Probleme wie ihr und wie viele, glaube ich, die hier herumlaufen und sich nicht trauen stehenzubleiben, denn auch ich habe nie geglaubt, dass es mir einmal so gehen könnte, wie es mir heute geht, und was mir widerfahren ist. Eines muss ich sagen: Einigkeit macht stark! Wir müssen uns alle noch viel mehr festigen, denn was uns passiert, in der heutigen Welt, das kann nicht normal sein!

Jetzt hat man mir für eine allgemeine Erhöhung 6,15 Euro abgezogen. Ich wollte letzte Woche bei der Bagis vorsprechen. Dort wurde ich verwiesen, sogar mit einem Rausschmiss. Dessen habe ich mich gewehrt, und dann wurde die Dame sehr knallrot und sagte: „Ich habe Sie gar nicht rausgeschmissen!“ Ich glaube, Sie haben alle schon solche negativen Erfahrungen gemacht. Ich bin traurig und verbittert, aber ich möchte mich auch wehren!

Ich war schon so verzweifelt, ich hätte mein Handtuch nehmen können. Aber ich möchte nicht, es lohnt sich nicht! Dieser Staat ist doch traurig, wenn ich überlege, dass man sagt, heutzutage haben wir soundsoviele Arbeitslose weniger, aber wo sind sie denn? Sind das die Ein-Euro-Jobber? Das sind doch die Zähler! In dieser Politik bin ich nicht enthalten, dafür möchte ich mich nicht gerademachen, und dafür würde ich auch nicht plädieren!

Wir müssen also irgendetwas Neues schaffen, weil dies nicht wahr sein darf, was wahr ist! Da muss aber jeder versuchen mitzumachen, auch alle Menschen, die vorbeigehen, denn es trifft jeden von uns irgendwann! Ich habe auch nie geglaubt, dass ich mal hier stehen und so reden würde. Ich habe nie geglaubt, dass ich Hartz IV brauchte. Ich habe auch Familie gehabt, immer gearbeitet, drei Kinder großgezogen, und niemand will heute darauf Rücksicht nehmen. Es heißt nur: „Danach müssen wir gehen, das ist der Gesetzgeber!“

Dann frage ich am heutigen Tage: Wer ist der Gesetzgeber? Nein, ich habe das Gesetz nicht gemacht, ich habe immer nur arbeiten dürfen für dieses Land, weil ich Deutsche bin, deutsch geboren, und ich habe für dieses Land meine Steuern bezahlt wie jeder andere auch. Als ich mein erstes Kind bekam, gab es noch kein Kindergeld, erst ab dem zweiten waren es 25 Mark für das erste und 50 für das zweite. Das dritte war dann ein Zählkind, da gab es kein Erziehungsgeld, überhaupt nichts!

Wir fingen mit null an, mein Mann und ich, niemand hat uns geholfen, auch ein Staat nicht. Heute hat sich der Staat aufgebaut, auf den Knochen der arbeitenden Menschen, und man hört immer nur: Diäten, Diäten! Ich brauchte auch mal eine Diät, aber wenn ich anfange, werde ich schlanker – wenn sie die bekommen, werden sie alle immer fetter, im Portemonnaie! Ist das denn richtig? Das ist doch nicht richtig, schon der Ausdruck ist verkehrt!

Es gibt so viele Sachen, die man heute sagt, die hat man früher überhaupt nicht gekannt, an Redewendungen, die man jetzt benutzt, um den kleinen oder ungebildeten Menschen zu verdummen. Man hat heute keine Einheit, keine Brüderlichkeit mehr, nichts. Und Arbeitsplätze? Ich lasse mich nicht verdummen von dieser Politik, und ich hoffe, liebe Freunde, ihr auch nicht! Auch nicht von einer Frau Merkel, dass die Arbeitslosigkeit angeblich gesunken ist: Für Ein-Euro-Jobs braucht man nicht zu zählen! Das geht nicht, wenn die Leut nicht mal ihre Miete bezahlen können und die Kinder in Suppenküchen gehen müssen!

Ich gehe auch einmal pro Woche zur „Tafel“ und stehe an, um ein bisschen Obst und Gemüse zu bekommen, weil ich mir das von den paar Euro nicht erlauben kann! Ich mache euch alle stark, und alle, die vorbeigehen, sollen sich das anhören, aber die meisten schämen sich noch. Es wird der Tag kommen, dann schämen sie sich nicht mehr! Ich wünsche, dass wir Kraft haben, Bessres aus allem zu machen! Alles Gute!

Erika Kujawa (parteilos)

 

Dieses kapitalistische System
bietet keine Zukunft mehr

Wieder über 40 Menschen kamen vorbei oder versammelten sich zur 170. Montagsdemo am 18. Februar 2008 in Bremen. Die Themen waren an Eindeutigkeit kaum noch zu überbieten: Ein Arbeitsloser muss sich im Wald zu Tode hungern. In Hartz-IV-Wohnungen breitet sich immer öfter die Schimmelwildnis aus, weil nicht genug geheizt werden kann. Die sogenannten Wirtschaftsweisen schlagen vor, dass Hartz IV noch weiter gekürzt wird. Ein SPD-Finanzsenator will „nachweisen“, dass man sich mit vier Euro pro Tag „gut ernähren kann, wenn man nur den Alkohol weglässt“. Die Eliten verschieben derweil ihre Millionen nach Liechtenstein und in die Schweiz. Von CDU bis SPD geraten die Herrschaften in Erklärungsnotstand. Wir haben kein Vertrauen mehr in diese „Eliten“ und diesen Staat: Weltweit hat sich der Kapitalismus in ein kriminelles Unterfangen entwickelt!

Die beginnenden Tarifrunden zeigen: Die Kollegen wollen sich nicht mehr ruhigstellen lassen. Die Berliner Bus- und U-Bahnfahrer haben bei ihrem zweitägigen Streik breite Unterstützung und Solidarität erfahren. Schäubles „Tarifangebot“ ist eine pure Mogelpackung. All das wissen diese Herren auch: Die Krise der Banken und der Finanzminister, alles ist faul im kapitalistischen Deutschland! Das System muss weg, dafür müssen wir alle arbeiten! Am 23. Februar 2008 treffen sich die norddeutschen Montagsdemos in Bremen zu einem Erfahrungsaustausch.

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo

 

Resolution des 3. Regionaltreffens der norddeutschen Montagsdemos in Bremen am 23. Februar 2008

Das 3. Regionaltreffen der Montagsdemonstrationen aus Bremen, Hannover, Ham­burg, Lübeck, Oldenburg und Wilhelmshaven mit Unterstützer(inne)n aus Bassum, Bremerhaven, Peine und Verden stellt fest: Wir kämpfen weiter mit unseren Montagsdemos, bis Hartz IV abgeschafft ist!

Wir sind eine demokratische, überparteiliche und antifaschistische Bewegung und haben in unseren Reihen auch Kolleg(inn)en, die in den Bewegungen der Solidarność in Polen oder der Montagsdemonstrationen in der DDR mitgekämpft haben. Umso mehr sind wir darüber empört, dass in Hannover die Benutzung des Offenen Mikrofons untersagt ist und sogar Teilnehmer(innen) der Montagsdemo vor Gericht gestellt und kriminalisiert werden!

Wir erklären unsere volle Solidarität mit unseren verurteilten Mitstreiter(inne)n und werden sie auch in Zukunft bei ihren Verfahren finanziell unterstützen. Wir fordern die uneingeschränkte Nutzung des Offenen Mikrofons als elementaren Bestandteil des Demonstrations- und Versammlungsrechts sowie die Aufhebung aller Auflagen, mit denen dieses Recht wie in Hannover an eine bestimmte Personenzahl gebunden oder wie in Wilhelmshaven der Montagsdemo nur als Ausnahme zugestanden wird!

Das Offene Mikrofon hat sich über die Montagsdemo-Bewegung hinaus als wesentliches demokratisches Element von Demonstrationen und Streiks durchgesetzt. Ohne Zweifel ist die offene Meinungsäußerung bei der heutigen Lärmbelastung der Straßen und Plätze nur mit diesem Mittel möglich! Inzwischen forderte uns selbst Bundespräsident Köhler bei der 149. Montagskundgebung in Bremen am 10. September 2007 auf, dieses Recht des Protestes weiterhin zu nutzen.

In Hamburg bescheinigte uns der CDU-Vertreter von Frankenberg am 11. Februar 2008 auf einer Montagskundgebung zur Bürgerschaftswahl eine ausgesprochen demokratische Streitkultur am Offenen Mikrofon, die man anderswo oft vermisst. In Wilhelmshaven gelang es der Montagsdemo mit Unterstützung eines FDP-Ratsherren und der örtlichen Presse, wenigstens für sich die Nutzung des Offenen Mikrofons durchzusetzen.

Wir verpflichten uns, die gesamte demokratische Öffentlichkeit über die skandalösen Vorkommnisse in Hannover zu informieren. Wir fordern uneingeschränktes Versammlungsrecht und uneingeschränkte Nutzung des Offenen Mikrofons!

von den 48 Teilnehmer(inne)n per Akklamation beschlossen
 
Jeder Mauertote ist einer zu viel: Auch die DKP will keine
Wiedereinführung der Stasi („Spiegel-Online“)
 
„Dann hau doch ab, du Idiot!“: Hochdruck-Sarkotzy
begrabbelt Leute („Spiegel-Online“)
 
Stärke 4: Ruhrkohle AG und Landesregierung nutzen schweres Grubenbeben,
um den saarländischen Bergbau plattzumachen („Rote Fahne News“)
 
Oller Beust noch doller abgesackt: Koalitionsverweigerer FDP
wird nicht mehr gebraucht („Spiegel-Online“)
 
„Die Linke“ zieht in das vierte westdeutsche Landesparlament ein: Zwei Drittel
der Hamburger sind mit der Sozialpolitik unzufrieden („Spiegel-Online“)
 
Elbvertiefung olé: Retten „Grüne“ das Bürgertum? („Spiegel-Online“)

 

Weg mit allen Einschränkungen
des Offenen Mikrofons!

Mit dem Transparent „Die Bremer Montagsdemo grüßt den Rest der Welt“ empfingen wir am 23. Februar 2008 gegen 12 Uhr am Hauptbahnhof unsere Freunde und Mitstreiter aus mehreren norddeutschen Städten. Wir erregten hier bei einigen Passanten gleich Aufsehen und Interesse, und es entstanden Diskussionen.

Die Bremer Montagsdemo grüßt den Rest der Welt

Als kulturelle Einleitung vor dem Erfahrungsaustausch an diesem Tage setzten wir eine kleine „Hafenschnuppertour“. Mit der Straßenbahn ging es zum Hafen­museum im „Speicher XI“ am ehemaligen Überseehafen. Die großen Veränderungen bis zur heutigen Containerwirtschaft wurden erläutert. Viel Beachtung fand im Museum auch die Sonderausstellung „Vor uns die Sintflut“, die auf die historische Darstellung und die Entwicklungen im Zuge der massiven Klimaveränderungen eingeht. Weiter ging es am Hafen entlang zu unserem Tagungsort.

Bei Kaffee und Kuchen und den Songs unseres improvisierten Musik-Trios begann das 3. Regionaltreffen der nordwestdeutschen Montagsdemos. Es kamen noch weitere Freunde und Mitstreiter dazu, sodass der Saal mit fast 50 Teilnehmern gut gefüllt war. Der Erfahrungsaustausch begann mit Berichten aus den teilnehmenden Orten. Mit viel Engagement und Ideenreichtum treten die Montagsdemos auf und nehmen neben dem Hauptthema „Weg mit Hartz IV!“ zu einer Vielzahl von Themen und Ereignissen Stellung. Unsere Beharrlichkeit und unser Mut, Woche für Woche Menschen für eine kämpferische „Opposition von unten“ zu gewinnen, macht uns trotz Medienboykotts vielerorts bekannt.

Diskussionen auch bei der Kaffepause

Unsere demokratische Streitkultur am Offenen Mikrofon, die wir immer weiter entwickeln und an denen auch Vertreter der Parlamente und der Gesellschaft nicht vorbeikommen, stößt den Herrschenden und ihrem Verwaltungsapparat auf – und sie versuchen, mit einschränkenden Verordnungen für den Betrieb von Lautsprechern in Niedersachsen und provozierenden Polizeiaktionen und Kriminalisierungen wie in Hannover diese Bewegung mundtot zu machen und zu drangsalieren. Die Diskussion darüber stand im Mittelpunkt des Erfahrungsaustausches. Wir verabschiedeten hierzu eine Resolution, die die Freiheit der Meinungsäußerung mit dem Mittel des Offenen Mikrofons und seiner elektroakustischen Verstärkung bei allen demokratischen Aktionen, Demonstrationen und Kundgebungen fordert.

Das Offene Mikrofon ist mittlerweile zu einem Standard geworden für Diskussionen mit großer Teilnehmerzahl bei Streiks, Demonstrationen und großen Protestaktionen, wenn Kollegen eines Betriebes anderen berichten oder wenn Betroffene einem größeren Zuhörerkreis ihre persönliche Lage schildern wollen. Dass die Massen erkennen, dass ein Offenes Mikrofon ihre Sache ist, wollen die Herrschenden verhindern! Wir verpflichten uns, an allen Orten für das Offene Mikrofon auf antifaschistischer Grundlage einzutreten und fordern die uneingeschränkte Nutzung! Wir weisen alle Reglementierungen zurück und fordern ihre Aufhebung! Die teilnehmenden Montagsdemos werden auch weiterhin die verurteilten Mitstreiter solidarisch und finanziell unterstützen!

Die große Einigkeit und Zusammengehörigkeit wurde mit einem deftigen Bremer „Baunkohl-und-Pinkel“-Essen, Roter Grütze mit Vanillesoße und einem kleinen „Lütten“ obendrauf bei vielen Gesprächen gefeiert. Als die ersten leider schon wieder auf Heimfahrt gehen mussten, packten die anderen beherzt das Aufräumen an. Die Montagsdemo-Bewegung stärkt sich und stellt sich optimistisch ihren Aufgaben!

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo
 
„Drei Prozent Beck’s-Faktor“: Nicht nur die Hamburger SPD schäumt über
die unvermeidliche Diskussion mit der „Linken“ („Spiegel-Online“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz