27.11.2007

Altkanzler singt ein Loblied auf das Ehrenamt
Bürgermahl brachte über 57 000 Euro für Bremer in Not

Von unserem Redakteur
Bernd Schneider

BREMEN. Er ist vom früheren Kanzler kaum zu unterscheiden, dieser Gerhard Schröder. Immer noch dieser schnoddrig-joviale Ton, mit dem er aus dem Blitzlichtgewitter zu den Journalisten redet: "So. Wollt ihr noch mal?", fragt er, den Füller noch in der Hand. Gerade hat der Ehrengast des sechsten Bürgermahls im Kaminzimmer des Rathauses seinen Namen mit schwarzer Tinte ins Goldene Buch geschrieben. Und dann, die Kameras laufen noch, entscheidet er: "Jo. Fertig. Reicht."Eine Ehre ist es Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD), dass Schröder sich auf den Weg nach Bremen gemacht hat. Nicht nur, um Kükenragout und Rote Grütze mit rund 160 Gästen der Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe zu teilen, sondern vor allem, um das bürgerschaftliche Engagement zu stützen.Ein kleiner Trupp von Montagsdemonstranten hat die Gelegenheit genutzt, eine alte Rechnung mit dem politischen Urheber der Hartz-IV-Gesetze zu begleichen. Ausgebuht haben sie ihn, als er in der Dunkelheit zum "Bremer Loch" vor der Bürgerschaft spaziert ist und einen Geldschein eingeworfen hat - eine von Hundegebell aus dem Untergrund begleitete Spende an die Bürgerhilfe, die Bremens Nachkriegsbürgermeister Wilhelm Kaisen 1945 als Volkshilfe ins Leben gerufen hat.Oben im Rathaus hat Schröder dann die Sozialpolitik seiner Kanzlertage verteidigt. "Trotz aller Proteste: Hätten wir nicht gehandelt, wären die Sozialsysteme kaputtgegangen." Und so schlug er den Bogen zum bürgerschaftlichen Engagement: "Das Ehrenamt ist kein Lückenbüßer eines sich zurückziehenden Sozialstaats", sagte er. Der Staat könne ohnehin nicht für alles verantwortlich sein, eine Gesellschaft brauche auch "menschliche Wärme, und, ja, nennen Sie es ruhig Nächstenliebe".57 169 Euro sind gestern für die Bürgerhilfe zusammengekommen, die damit soziale Projekte unterstützt. Das ist die zweithöchste Spendensumme bei einem Bürgermahl. Zudem wurde Catrin Schwarze (73) als eine der engagiertesten Spendensammlerinnen geehrt sowie der frühere Bildungssenator und Bürgermeister Moritz Thape (87), der sich nach wie vor für die Bürgerhilfe engagiert.

© Bremer Tageszeitungen AG



DRUCKEN   |   FENSTER SCHLIESSEN