17.10.2007

Hitziger Streit über unerlaubte Schule
Willi Lemke: "Beschämendes Thema"

Von unserem Redakteur
Bernd Schneider

BREMEN. Ungewöhnlich hitzig debattierte gestern die Stadtbürgerschaft die Vorgänge um die nicht genehmigte Schule am Körnerwall. "Es ist nicht die Frage, ob die Kinder dort gut gefördert wurden", sagte Claas Rohmeyer von der CDU, auf deren Antrag das Thema behandelt wurde. "Das setze ich voraus." Er wundere sich aber: "Wie kann es angehen, dass 14 Jahre lang unerkannt die Schulpflicht unterlaufen wurde." Die Grüne Anja Stahmann betonte, dass nach dem Grundgesetz der Staat die Aufsicht über Schulen ausübt. Dieses wichtige Prinzip hätten die Eltern ausgehebelt. Kinder seien zum Teil im Ausland angemeldet worden, so habe die Behörde die "Tricksereien" kaum erkennen können. Als sie aufgeflogen seien, habe der damalige Bildungssenator Willi Lemke (SPD) die Schule im Interesse der Kinder behutsam abgewickelt."Bildung selbst in die Hand nehmen"Als "sehr, sehr abenteuerlich" beschrieb der SPD-Bildungspolitiker Mustafa Güngör die Vorgänge. Es sei "einfach nur rätselhaft", dass die Behörde davon nichts bemerkt habe. "So etwas darf nie wieder passieren. " Es sei aber klug und im Interesse der Kinder gewesen, das Problem im Stillen zu lösen. Bei aller Kritik an den Rechtsverstößen zeigte der FDP-Abgeordnete Magnus Buhlert Verständnis, dass Eltern das Bremer Schulsystem meiden "und die Bildung selbst in die Hand nehmen"."Kleinkariert und lebensfremd" fand indes Jost Beilken (Die Linke) die Debatte. Schließlich sei kein Schaden entstanden. Statt private Schulen zu gründen, sollten eher staatliche Schulen verbessert werden. Vertreter aller Fraktionen plädierten dafür, den Antrag auf eine neue Privatschule am Körnerwall rechtsstaatlich zu prüfen."Kein Kavaliersdelikt"Bildungssenatorin Renate Pieper (SPD) betonte, inzwischen gebe es Richtlinien für die Formalitäten, mit denen Kinder in Schulen aufgenommen werden. Denn "Schulpflichtverletzung ist kein Kavaliersdelikt". Auch teile sie nicht das Staatsverständnis der Eltern, die auf einem Flugblatt schrieben, die Schule am Körnerwall sei "natürlich illegal" betrieben worden. Jetzt werde geprüft, ob die Schule "mit der gleichen Lehrkraft" weiter arbeiten solle und ob ihr Trägerverein von den selben Eltern gestützt werde. Dabei machte sie deutlich, dass sie privaten Grundschulen generell sehr skeptisch gegenüberstehe, weil sie die "sozialen Entmischung" der Gesellschaft fördern.Ihr Vorgänger, der jetzige Innensenator Willi Lemke (SPD), sagte, er habe die Vorgänge um die nicht genehmigte Schule seinerzeit nicht öffentlich gemacht, "weil es ein beschämendes Thema ist, dass dies so lange möglich war in unserer Stadt".

© Bremer Tageszeitungen AG



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