19.9.2007

Hartz-IV-Mieten weiter umstritten
Sorge vor "Appartment-Helmut"

Von unserem Redakteur
Bernd Schneider

BREMEN. Wie teuer darf eine Wohnung sein, wenn die Allgemeinheit sie finanziert, weil der Mieter von Hartz IV lebt? Um diese Frage stritten gestern auf Antrag der Linken die fünf Fraktionen in der Bürgerschaft."Blanken Zynismus" warf Peter Erlanson (Die Linke) den Behörden vor, die Hartz-IV-Empfänger auffordern, ihre Mietkosten zu senken. Das komme einem erzwungenen Umzug gleich - oder die Betroffenen würden sich die Differenz zwischen anerkannter und tatsächlicher Miete vom Mund absparen. Erlanson: "Das ist zutiefst unsozial." Die geplante Anhebung der Obergrenzen reiche nicht. Menschen würden auf die Suche nach Wohnungen geschickt, die "gar nicht vorhanden sind". Inga Nitz (Die Linke) forderte einen Stopp der "Zwangsumzüge"."Appartment-Helmut"Der Grüne Horst Frehe wies das zurück. Noch sei nicht entschieden, bis zu welcher Höhe Mieten künftig gezahlt würden. Unter Anspielung auf einen Deutschen, dem das Sozialamt mit 1400 Euro monatlich ein Leben im US-Bundesstaat Florida finanziert hat, mahnte er aber eine vertretbare Obergrenze an: "Sonst haben wir nach Florida-Rolf eines Tages auch Appartment-Helmut. Das können wir uns nicht leisten."Der SPD-Sozialpolitiker Wolfgang Grotheer ärgert sich "zunehmend über den Begriff Zwangsumzüge". Obwohl nach derzeitigen Standards Tausende Hartz-IV-Familien zu teuer wohnen, seien nur 30 Mietkürzungen durchgesetzt worden. Insgesamt zahle Bremen 160 Millionen Euro Hartz-IV-Mieten. Dennoch solle die Zahl der Umzugsaufforderungen "drastisch" sinken. Die geplante Erhöhung von 265 auf 310 Euro für Alleinstehende - plus zehn Prozent Toleranz sowie maximal weitere 20 Prozent Stadtteil- aufschlag für teurere Viertel - werde "viel Ungewissheit aus der Welt schaffen"."Grenzen alle zwei Jahre prüfen"Für die FDP forderte Bernd Richter, die Mietobergrenzen künftig alle zwei Jahre zu prüfen. Weil die Bevölkerung schrumpfe, erwarte er mehr freie Wohnungen und sinkende Mieten. Eine professionellere Abwicklung von Mietzahlungen bei den Behörden könne zudem die Bereitschaft erhöhen, an Hartz-IV-Familien zu vermieten.Höhere Mietobergrenzen trägt auch die CDU mit, wie deren Sozialpolitiker Michael Bartels betonte. Er forderte allerdings eine enge Auslegung der Gutachtervorschläge: Im Einzelfall seien - wie in Hamburg - allenfalls zehn Prozent Aufschlag vertretbar. Man müsse schließlich "einer alleinerziehenden Mutter, die sich nur eine kleine Zweizimmerwohnung leisten kann", erklären, in welcher Höhe man einer Hartz-IV-Familie die Miete zahlt.

© Bremer Tageszeitungen AG



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