8.9.2007

Private Entsorger nicht immer billiger
Kommunen müssen Dumpinglöhne ausgleichen

Von unserer Mitarbeiterin
Karina Skwirblies

BREMEN. In Bremen ist die Entsorgung wie in vielen deutschen Kommunen seit Jahren in privater Hand. Die Entsorgung Nord GmbH und Hansewasser kümmern sich um Abfall und Abwasser der Bürger. Doch es gibt Kommunen, die zurückrudern. In Bergkamen, Frödenberg und Dortmund zum Beispiel haben die Kommunen die Entsorgung wieder in eigene Hände genommen. Mit Erfolg, wie die Teilnehmer einer Tagung erfuhren, zu der der Fachbereich Nautik und Internationale Wirtschaft der Hochschule Bremen eingeladen hatte. Rund 50 Experten des Entsorgungsbereichs, Belegschaftsvertreter und Wissenschaftler kamen zu der Konferenz "Privatisierung oder Rekommunalisierung der Entsorgung".30 Prozent günstiger sei jetzt die kommunale Abfallbeseitigung in Bergkamen, berichtete Hans-Joachim Peters von der Stadtverwaltung der 50 000 Einwohner-Gemeinde. Die Verwaltung sei abgebaut worden, der Betrieb technisch modernisiert und bürgerfreundlicher. Neu angeschaffte Müllwagen könnten von einer Person allein gefahren werden. Doch dieses Modell könne nicht auf jede Gemeinde übertragen werden, waren sich die Tagungsteilnehmer einig. Die unterschiedlichen Rahmenbedingungen müssten berücksichtigt werden.Häufig sei der Grund für die Privatisierung die kommunale Finanznot, war die Erfahrung der Experten. Doch die Hoffnung auf finanzielle Entlastung erfülle sich oft nicht. Zum einen sei die Kostenreduktion selten oder gar nicht beim Bürger angekommen. Zum anderen seien die Kommunen durch Sozialleistungen weiterhin an den Kosten beteiligt. Belegschaftsvertreter erzählten auf der Tagung, dass nach ihren Erfahrungen Angestellte von Subunternehmen der privaten Entsorger mitunter einen Stundenlohn von 4,91 Euro erhielten. Die Angestellten bekämen ergänzende Sozialleistungen, die wiederum zu Lasten der Gemeinden gingen. Einen Mindestlohn in diesem Bereich forderten deshalb die anwesenden Gewerkschafter von Ver.di. Dem stimmte auch Dagmar Timm vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft zu.Auf keinen Fall sollten sich die Kommunen völlig aus der Entsorgung zurückziehen, war die übereinstimmende Auffassung der Anwesenden. Nötig sei immer zumindest ein Modell von Öffentlich-Privater-Partnerschaft. Für Bremen sieht Professor Ernst Mönnich ein Desinteresse der Politik: "Politiker kümmern sich nicht mehr so um dieses Thema, wenn es privat ist. Im neuen Koalitionsvertrag steht nichts mehr dazu drin." Doch es bestehe auch in Bremen Gestaltungsbedarf, meinte Ernst Mönnich. Er kritisierte die Abfallentsorgung als kompliziertes, bürgerunfreundliches System. Durch Steuergelder, die die privaten Dienstleister - auch an den Bund und andere Länder - zahlen müssten, sei Bremen im Abwasserbereich in den vergangenen acht Jahren ein Verlust von rund 200 Millionen Euro entstanden. Diese Steuern würden vom Gebührenzahler aufgebracht.Außerdem dürften für den Schutz vor Überflutungen nicht nur die Hausbesitzer in die Pflicht genommen werden. Auch das Kanalnetz müsse sich dem Problem stellen. Die Verträge in Bremen für die private Abfallentsorgung bestünden bis 2018. Dann könne und solle über eine Rekommunalisierung nachgedacht werden, erklärte Georg Musiol aus dem Umweltressort.

© Bremer Tageszeitungen AG



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