3.8.2007

Scharfe Kritik aus Sachsen - wachsender Zorn in Bremen
Streit über Gutachten zur Haushaltsnotlage geht in die nächste Runde / CDU warnt Regierungskoalition

Von unserem Redakteur
Michael Brandt

BREMEN. "So viel kann gesagt werden: Die angespannte Bremer Haushaltslage ist und bleibt hausgemacht." So heißt es in einer Erklärung des sächsischen Finanzministeriums in Dresden angesichts des aktuellen Gutachter-Streits. Wie berichtet, war in dieser Woche eine Expertise der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen publik geworden. Vor dem Hintergrund der Bremer Klage in Karlsruhe bezweifeln die Länder, dass Bremen in einer Haushaltsnotlage steckt.Jetzt legt Sachsen ordentlich nach: "Bremen kann aus unserer Sicht nicht ausreichend darlegen, dass es alle Möglichkeiten zur Lösung seiner Haushaltsprobleme ausgeschöpft hat." Im Gegenteil: Die Länder sehen an der Weser "noch erheblichen eigenen Handlungsspielraum." Es sei lediglich zu erkennen, dass "manche überzogene Ausgabe der Vergangenheit" inzwischen reduziert würde.In Bremen hat das Gutachten, das der Prozessbevollmächtigte der genannten Länder, Professor Ulrich Häde aus Frankfurt, vorgelegt hat, für weitere Reaktionen gesorgt. CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp nannte das Papier ein "Gefälligkeitsgutachten" und bescheinigte den Wissenschaftlern ein "hohes Maß an Ignoranz". Die Schwellenwerte, anhand derer Bremen in dem Gutachten gemessen werde, seien willkürlich ausgewählt, und die Eigenanstrengungen Bremens würden nicht berücksichtigt. Der Oppositionsführer erklärte an die rot-grüne Regierung gerichtet, diese sei jetzt in der Pflicht, "den selbst verursachten Spagat zwischen ideologisch bedingten Ausgabenwünschen und der finanzpolitischen Solidität zu meistern.""Das Gutachten geht in weiten Teilen völlig an der Realität vorbei", urteilt der FDP-Fraktionsvorsitzende Uwe Woltemath. Er bleibt aber auch bei der bisherigen Einschätzung der Liberalen: "Bremens Probleme lassen sich nicht vor Gericht lösen." Woltemath fordert in diesem Zusammenhang unter anderem die Novellierung des Personalvertretungsgesetzes und den Verkauf der städtischen Gewoba-Anteile.Klaus-Rainer Rupp, Bürgerschaftsabgeordneter der Linken, schließlich befindet: Eine Einsparung von einer Milliarde Euro, wie im Gutachten dargestellt, "wäre nur möglich um den Preis der Zerstörung des sozialen Fundaments dieser Stadt". Wer dies fordere, der wolle eine andere Gesellschaft ohne sozialen Anspruch.Und die Arbeitnehmerkammer hält die im Gutachten genannten Einsparpotenziale wie schon tags zuvor Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) für "absurd". Der Bremer Haushalt bewege sich bereits jetzt am Rande der gesetzlichen Möglichkeiten. In einer Erklärung heißt es, im Gutachten würden nicht nur Äpfel mit Birnen verglichen, zusätzlich werde noch mehrfach in die falsche Obstkiste gegriffen.

© Bremer Tageszeitungen AG



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