24.7.2007

Keine Chance in neuer Position
Karin Röpke zieht die Konsequenz aus der öffentlichen Debatte und verzichtet

Von unserem Redakteur
Michael Brandt

 
 
Ex-Sozialsenatorin Karin Röpke und Bürgerschaftspräsident Christian Weber. Foto: Stoss
   
BREMEN. Karin Röpke (SPD) hat gestern die Notbremse gezogen. Sie verzichtet darauf, das Amt der Bürgerschaftsdirektorin anzutreten. Sie sagte: "Ein Festhalten am Posten würde nicht nur meine Person schädigen, sondern auch die Institution Parlament. Und das möchte ich unter keinen Umständen." Die Politikerin, die bis zum vergangenen Herbst noch Senatorin für Gesundheit und Soziales war, hatte tags zuvor in einem Interview mit unserer Zeitung betont, sie habe zwar mit Reaktionen gerechnet, sei aber von der Heftigkeit der aus ihrer Sicht teils unfairen Äußerungen überrascht worden.

Weber bedauerte gestern die Entscheidung seiner Wunschkandidatin. "Ich bin nach wie vor felsenfest davon überzeugt, dass Karin Röpke die Richtige gewesen wäre, um das Amt souverän und mit frischen Ideen auszuüben." Menschlich allerdings könne er den Schritt nachempfinden. "Einer Massivität der Angriffe wie im Fall Frau Röpkes kann niemand auf Dauer standhalten." Er hoffe nun, dass sie "keinen weiteren Unterstellungen und Gehässigkeiten ausgesetzt" sei. Karin Röpke hatte gestern dem Vernehmen nach Bremen verlassen und war für keine weiteren Stellungnahmen zu erreichen.

Offenbar sitzt inzwischen auch der 61-jährige Bürgerschaftspräsident Christian Weber nicht mehr hundertprozentig fest im Sattel. Innerhalb der SPD mehren sich die Stimmen, die ihn für den Schaden verantwortlich machen, der der Stadt und der Partei durch seine Entscheidung entstanden ist.Offiziell lautet die Einschätzung von SPD-Fraktionschef Carsten Sieling indes: "Die Debatte hat gezeigt, dass die notwendige Akzeptanz für Karin Röpke als Bürgerschaftsdirektorin in der Öffentlichkeit nicht vorhanden ist."

Dies sei falsch eingeschätzt worden.Bereits am ersten Juli-Wochenende war bekannt geworden, dass sich Weber von seinem bisherigen Direktor Rainer Oellerich trennen und ihn durch die frühere Sozial- und Gesundheitssenatorin Karin Röpke ersetzen wollte. Im ersten Anlauf wurde eine Entscheidung über die Personalfrage von der Tagesordnung des Bürgerschaftsvorstandes genommen, weil eine Ablehnung drohte. Erst am 19. Juli kam es dann zu einer Entscheidung mit den Stimmen der rotgrünen Koalition. Am kommenden Mittwoch sollte die neue Direktorin eigentlich ihren Job antreten.

Die Grünen, durch deren Sinneswandel im Bürgerschaftsvorstand Weber seinen Vorschlag erst hatte durchsetzen können, reagierten gestern "mit Erleichterung" auf Röpkes Verzicht und griffen ihrerseits an. "Das Amt und die Bürgerschaft selbst haben durch den Vorstoß von Bürgerschaftspräsident Christian Weber schweren Schaden erlitten", urteilt der Fraktionsvorsitzende Matthias Güldner.Ohne interne Debatten geht es aber offenbar auch bei den Grünen nicht ab: Christine Bernbacher, Ehrenvorsitzende des Landesverbandes, äußerte sich "schockiert" darüber, dass die Grünen der Ernennung Röpkes zugestimmt hatten und distanzierte sich von ihrer Partei.

Die in der Bürgerschaft vertretenen Parteien kommentierten die Wendung. Die CDU betonte wie die Grünen, es sei für das Parlament und das Ansehen der Abgeordneten erheblicher Schaden entstanden. Es sei Aufgabe der SPD, sich über weitere Konsequenzen Gedanken zu machen.Sirvan Cakici äußerte im Namen der Linken ihren Respekt vor Röpkes Entscheidung.

Die Linke habe Röpke nicht wegen ihrer Qualifikation, sondern allein wegen des Verfahrens abgelehnt. Und die FDP befand: "Die Entscheidung der ehemaligen Senatorin war überfällig."Die Junge Union hat derweil gefordert, auch Christian Weber solle angesichts der Entwicklung seinen Hut nehmen. "Der ganze Vorgang ist enttäuschend und stärkt die Politikverdrossenheit", sagte der JU-Landesvorsitzende Dennis Ugurcu.

© Bremer Tageszeitungen AG



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