4.7.2007

Grüne verteidigen Abbau von Ein-Euro-Jobs
Sozial stabilisierende Beschäftigung soll künftig deutlich länger laufen

Von unserem Redakteur
Bernd Schneider

BREMEN. Weniger Ein-Euro-Jobs, mehr sozialversicherungspflichtige Stellen für Langzeitarbeitslose - so hat es die neue Regierung im Koalitionsvertrag vereinbart. Nachdem die AWO die geplanten Einschnitte bei den Ein-Euro-Jobs kritisiert hat (wir berichteten), verteidigen jetzt die Grünen den Schwenk in der Arbeitsmarktpolitik."Unberechtigt" sei die Sorge, dass nun ausgerechnet die Schwächsten im Stich gelassen würden, sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Silvia Schön. "Die soziale Stabilisierung im Ein-Euro-Job läuft über ein halbes Jahr. Aber die betroffenen Menschen brauchen dafür in der Regel länger." Künftig soll es daher längerfristige Fördermöglichkeiten geben, "bis zu fünf Jahre" - und zwar nur auf freiwilliger Basis. Das sei im Koalitionsvertrag ausdrücklich festgehalten.Der weitaus größte Teil der Ein-Euro-Jobber sei allerdings nicht auf sozial stabilisierende Maßnahmen angewiesen, sagte Schön weiter. So hätten 40 Prozent von ihnen die Mittlere Reife, Abitur oder ein abgeschlossenes Studium. "Die machen den Job nur deshalb, weil es keine Stellen auf dem Arbeitsmarkt gibt." Für diese "marktnahen" Langzeitarbeitslosen wolle die Koalition sozialversicherungspflichtige Stellen schaffen - entweder als ABM oder als Förderung in einem Betrieb. "Es macht einen Unterschied, ob ich als Hartz-IV-Empfänger für eine Euro pro Stunde oben drauf arbeite, oder ob ich ein reguläres Gehalt mit nach Hause bringe." Außerdem würden so Arbeitnehmerrechte - Lohnfortzahlung bei Krankheit, Urlaub, Vertretungsrechte beim Betriebsrat, Rechtssicherheit bei Betriebsunfällen - sichergestellt. Silvia Schön: "Wer seit Jahren raus ist aus dem Berufsleben, etwa wegen der Kindererziehung, braucht keine tagesstrukturierenden Maßnahmen. Man muss alles tun, diese Menschen sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen." Die Unruhe bei etlichen Ein-Euro-Arbeitgebern versteht die Grüne allerdings auch. Denn die Betreuung der Langzeitarbeitslosen sei für sie "finanziell interessant". Die "Regiekosten", wie sie für einen einzigen Ein-Euro-Jobber gezahlt würden, lägen zwischen 300 und 850 Euro pro Monat. Der zurzeit veranschlagte Rückgang der Ein-Euro-Jobs von rund 3600 auf 2200 im kommenden Jahr würde Millionen-Einbußen bedeuten.Zwar betonte Schön, die Politik müsse "die Bedürfnisse der Arbeitslosen in den Mittelpunkt stellen". Sie will aber die finanziellen Folgen für Ein-Euro-Arbeitgeber - die sogenannten Träger - abfedern. "Wir brauchen eine leistungsfähige Trägerlandschaft", sagte Schön.

© Bremer Tageszeitungen AG



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