15.2.2007

Veraltete Stellenangebote und nicht am Bewerber orientiert
Bagis: Personalchefs lassen Ausschreibungen weiterlaufen

Von unserem Mitarbeiter
Winfried Schwarz

BREMEN. "Na endlich", freut sich Julia P. und öffnet hastig den Briefumschlag. Nach weit über neun Monaten hat ihr die Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales (Bagis) endlich mal wieder einen Vermittlungsvorschlag zugesandt. Doch ein erster Blick auf das am 11. Januar 2007 ausgestellte Papier genügt, und die 39 Jahre alte Bremerin ist genauso enttäuscht wie schon bei früheren Vermittlungsangeboten durch die Bagis.Dieses Mal, so geht aus dem Vermittlungsvorschlag hervor, hat ein Arbeitgeber in Bremen-Nord eine Stelle in der Buchhaltung zu vergeben. Zahlungsverkehr, Mahnverfahren, Dokumentation und Abrechnung sind nur einige Merkmale der umfangreichen Stellenbeschreibung. Es ist zudem eine Vollzeitstelle, um die sich laut Vorgaben der Bagis Julia P. umgehend schriftlich bewerben soll.Das hätte die seit vier Jahren arbeitslose Bremerin auch gerne getan, wenn da nicht noch eine Angabe auf dem Vermittlungsvorschlag gestanden hätte: Eintrittsdatum 17. November 2006, befristet bis 12. Januar 2007, just der Tag, an dem der Vermittlungsvorschlag bei ihr eingetroffen ist."Also wieder nichts", ärgert sich die 39-Jährige und berichtet an unserem Lesertelefon, dass dies nicht das erste Mal sei, dass ihr die Bagis Angebote unterbreite, die von vorn herein keinen Erfolg haben können. Mal wird als Voraussetzung ein Führerschein verlangt, den Julia P. nicht besitzt, mal werden perfekte Englischkenntnisse gefordert, doch die Bremerin ist über Schulenglisch nicht hinausgekommen. Dann wird eine Buchhalterin gesucht, doch Julia P. ist Bürokraft und Sachbearbeiterin. Als solche hatte sie auch vor ihrer Arbeitslosigkeit bei einer Bremer Behörde gearbeitet, und der Bagis sind nach ihrer Darstellung all diese Merkmale bekannt. Am meisten ärgert sie, dass über die Hälfte der Stellenangebote längst besetzt sind, wenn sie auf Grund des Angebots durch die Bagis bei Arbeitgebern vorstellig wird. In den Firmen fühlten sich die Personalabteilungen dann richtig genervt, dass sich schon wieder jemand meldet, obwohl die Stelle längst besetzt ist, was in allen Fällen auch der Bagis mitgeteilt worden sei. "Viele Personalleiter haben mir auch schon gesagt, dass sie mit der Bagis wegen solcher Probleme nicht mehr zusammenarbeiten wollen", erklärt Julia P. Entweder würden die falschen Leute geschickt oder die richtigen Leute zum falschen Zeitpunkt, hätten ihr Personalchefs gesagt.Es komme schon einmal vor, dass längst besetzte Stellen nicht aus dem System genommen würden, sagt der Bereichsleiter für Integration bei der Bagis, Frank Münkewarf. Zum einen könne es schlicht vergessen worden sein, zum anderen aber auch, dass Betriebe trotz Vergabe der Stelle darum bitten, dass Angebot aufrecht zu erhalten in der Erwartung, es melde sich jemand, der noch besser für die Stelle qualifiziert ist. Die Aktualität der Stellenausschreibungen werde bei der Bagis von 28 Mitarbeitern alle zwei Wochen durch Anrufe in den Betrieben überprüft. Münkewarf: "Daher bekommen in 90 Prozent aller Fälle die Kunden bei uns Angebote, die ihrem Profil und auch der Anforderung der Arbeitgeber entsprechen. Die Häufung im Falle von Julia P. dürfte eine Ausnahme sein."

© Bremer Tageszeitungen AG



DRUCKEN   |   FENSTER SCHLIESSEN