118. Bremer Montagsdemo
am 22. 01. 2007  I◄◄  ►►I

 

Die Großen lässt man laufen

Ursula GatzkeDer feine Peter, Namensgeber von Hartz IV, geht nun in Braunschweig eilig durch die Gerichtstür! Einst wurde er für sein Können hoch gefeiert, jetzt wird bei Gericht um ihn herumgeeiert!

Als Boss bei VW im Personalvorstand hatte Hartz alle Fäden fest in der Hand! Auch Korruption und Lustreisen waren ihm lieb! Was kriegt wohl so ein großer Firmengelderdieb?

In 44 Fällen war Untreue mit im Spiel! Wie Gott in Frankreich zu leben, das war zu viel! Doch nun kommt sicher ein schändlicher Kuhhandel ins Ziel: Das Gericht wird wohl so tun, als wär’s nur ein Spiel!

Zwei Jahre auf Bewährung, etwas Geldstrafe hinzu, dann können alle wieder schlafen, und VW hat Ruh’! Das öffentliche Interesse an Aufklärung wird erneut hintergangen! Peter Hartz kann schon bald seine Sorgenfalten glätten und von vorn anfangen.

Ursula Gatzke (parteilos)
 
Partygespräch: „Und wie viele Bewerbungen
schreiben Sie täglich?“ („Der Unterschichtler“)
 
Weniger Druck für Ost-Arbeitslose: Man kann ihnen sowieso
keine Angebote machen („Handelsblatt“)
 
Abstellgleis: Dritter Arbeitsmarkt ist das falsche Mittel
gegen Langzeitarbeitslosigkeit („FAZ“)
 
Globalisierung, Sozialabbau, Zuwanderung: Europas
Volksparteien fürchten den Volkszorn („Die Zeit“)
 
„Beste Nachricht seit Jahren“: Provinzblatt äußert Genugtuung über
Zwangsumsiedlung von ALG-II-Empfängern („General-Anzeiger Bonn“)
 
Unwort: Wassertrinker sollen nicht mehr nach dem großen
Weinsäufer benannt werden („Spiegel-Online“)
 
„Abschaffen“: „Ein-Euro-Jobs sind eine Zumutung für Arbeitslose
und Steuerzahler(„Spiegel-Online“)
 
Neue Reformbeschwernisse: Merkel schafft „Anreize“
statt Arbeit („Linkszeitung“)

 

Sollte sich der Prüfer blamieren?

Hans-Dieter BinderAm 12. Januar 2007 hat „Radio Bremen“ gemeldet: „Rechnungshof kritisiert Sozialbehörde“: Diese und die Bagis hätten durch falsche Berechnungen bei Hartz-IV-Anträgen sieben Millionen Euro zuviel ausgegeben. So stehe es im aktuellen Rechungshofbericht. Bei der Sozialbehörde sei jede zweite der stichprobenartig geprüften Akten falsch. Die Bagis habe in rund 1.800 Fällen überhöhte Mietzuschüsse überwiesen.

Der Bericht des Rechnungshofes der Freien Hansestadt Bremen liegt inzwischen vor (PDF, 362kB). Nur die sieben Millionen Euro sind nicht nachvollziehbar! Eine Berichtigung von „Radio Bremen“ wäre zuviel erwartet, oder? Dieser Bericht verweist auf das Urteil vom November 2006, somit müsste er auch der Rechtslage entsprechen! Leider hat das Ansehen dieses Prüfers für mich stark gelitten.

In der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen vom 21. Oktober 1947 heißt es in Artikel 14: „Jeder Bewohner der Freien Hansestadt Bremen hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Es ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden, die Verwirklichung dieses Anspruchs zu fördern. Die Wohnung ist unverletzlich.“

Artikel 14 der Bremer Landesverfassung taucht in dem Prüfbericht nicht auf! Dieser Artikel und die aktuelle Rechtsprechung werden dazu führen, dass die Kostensenkungsaufforderungen der Bagis reihenweise vom Verwaltungsgericht Bremen für ungültig erklärt werden. Das ist der senatorischen Dienststelle sicher bewusst. Sollte dieser Prüfer sich blamieren? Es fehlt auch der Hinweis auf das neu in Auftrag gegebene Gutachten hinsichtlich der Wohnungsmieten. Auftragnehmer ist wiederum die Gewos, Lieferfrist: unterminiert!

Die Feststellungen sind auch sehr blamabel für die Bagis, obwohl eine Aussage zu den Unterzahlungen fehlt. Eine Fehlerquote von 58 Prozent bei der Prüfung von 335 Fallakten ist allerdings auch durch die Fehleinschätzung der Prüfer verursacht. Was bleibt, ist nicht die Aussage zu den angeblichen Überzahlungen oder nicht genutzten Einsparungen, sondern zu den Organisationsmängeln dieser Bagis!

Die hier angesprochene Prüfung ist unter den Textziffern nach 130 (ab Seite 37) bis 203 (Seite 53) des Berichts wiedergegeben. Für interessierte Leser(innen) gibt es von mir einen ausführlichen Kommentar dazu (PDF, 144kB).

Hans-Dieter Binder (WASG)
 
„Deutscher Sturm“ ausgefallen: Es scheint, die Nazis werden gebraucht („TAZ“)

 

Ein Orkan an
Verantwortungslosigkeit

Wieland von HodenbergDas Wetter ist ja immer ein Thema, zuweilen auch bei uns auf der Montagsdemo. So wie heute, wo wir merken, dass es langsam doch winterlich wird! Bisher hatten wir Glück, und das machte sich unter anderem positiv bei den Heizkosten bemerkbar. Doch bei richtigem Winterwetter werden wir alle die unverschämte Preistreiberei der Energiekonzerne noch deutlicher zu spüren bekommen. Besonders schlimm sind die Familien dran, die von ALG II leben müssen und keinerlei staatliche Zuschüsse zu den Heizkosten bekommen: Sie haben nur die Wahl, sich irgendwo zusätzlich Geld zu „besorgen“ oder zu frieren. Doch auch der Frühling mitten im Winter ist ein Grund zu großer Sorge, weisen solche Wettererscheinungen doch auf einen tiefgreifenden, von Menschen verursachten Klimawandel hin, der jetzt von niemandem mehr verharmlost oder gar geleugnet werden kann. Die Hauptschuld trägt das internationale Großkapital mit einem wahren Orkan an Verantwortungslosigkeit gegenüber Mensch und Natur, wozu auch die deutschen Energiekonzerne mit etlichen Sturmböen beigetragen haben!

Viele Klimaforscher sind sich darin einig, dass die sich häufenden Wetterphänomene nicht nur die Vorboten einer Klimaänderung sind: Das ist bereits der Klimawandel! Wenn nicht schnellstens gravierende Schritte unternommen werden, wie zum Beispiel eine drastische und weltweite Reduktion des Kohlendioxidausstoßes, dann wird der „Klimawandel“ in wenigen Jahrzehnten in eine Katastrophe mit unübersehbaren Folgen münden. Ein vorhersehbarer Anstieg des Meeres­spiegels durch das Abschmelzen des Polareises könnte ganz Norddeutschland bis zu den Mittelgebirgen komplett unter Wasser setzen. Beklemmende Szenarien aus einschlägigen Hollywoodfilmen würden dann real. Klimaänderungen, die in früheren Perioden der Erdgeschichte einige Jahrtausende gedauert haben, vollziehen sich seit Beginn der sogenannten „industriellen Revolution“ auf höchst beunruhigende Weise innerhalb weniger Jahrzehnte! Stoppen lässt sich der rapide fortschreitende Klimawandel jedenfalls nicht mehr, bestenfalls verlangsamen, vielleicht sogar abschwächen.

Das setzt jedoch voraus, dass auch der Raubbau an der Natur wie das Abholzen der Wälder, die Versiegelung der Böden und die Industrialisierung der Landwirtschaft so bald wie möglich beendet werden. Es kann und darf nicht sein, dass Regierungen und Konzerne wieder verstärkt auf Atomkraft statt alternative Energiegewinnung setzen! Ein konsequenter und flächendeckender Ausbau von Schienennetz und öffentlichem Verkehr ist dringender denn je geboten, doch es geschieht genau das Gegenteil. Es kann und darf nicht sein, dass multinationale Großkonzerne aus maßloser Profitgier unentwegt auf die Produktion von riesigen Mengen chemischer Düngemittel, immer mehr Autos, LKWs und noch größeren Flugzeugen setzen. Nachkommende Generationen werden uns eines Tages verfluchen, wenn wir nicht endlich damit aufhören, diesen Planeten in eine lebensfeindliche Wüste zu verwandeln!

Wieland von Hodenberg („Solidarische Hilfe“)
 
Verdrängung: Zunehmender Einsatz von Leiharbeitern spaltet Belegschaften
und schwächt Durchsetzungsfähigkeit der Gewerkschaften („Junge Welt“)

 

Etikettenschwindel
fürs Lumpengesindel

Elisabeth Graf1. Ein Jubelschrei tönt durch die Medien: Der Anteil der Sozialhilfeempfänger ist dank Hartz IV drastisch zurückgegangen! Ende 2005 erhielten nur noch 81.000 Menschen Sozialhilfe. Laut Statistischem Bundesamt waren es ein Jahr zuvor noch rund 2,9 Millionen. Dies ist ein Rückgang um 97,2 Prozent. Die Sozialhilfequote verringerte sich damit von 3,5 auf 0,1 Prozent. Toll, ein wirklich sagenhaftes Mirakel! Die dafür angewandte Methode ist an Genialität kaum zu überbieten und lädt zur Nachahmung ein, weil sich mit ihr garantiert jede Statistik aufhübschen lässt.

Heutzutage muss kaum noch ein Mensch zum Sozialamt gehen, weil inzwischen fast alle mit Hartz IV ganz wunderbar versorgt werden. Man klebe also einfach ein neues Namensetikett auf eine gleichbleibende Personengruppe, und schon gibt es kaum noch Sozialhilfeempfänger! Dass jetzt an ihrer Stelle Millionen von Hartz-IV-Empfänger vor einer anderen Behördentür um Hilfe zum Lebensunterhalt Schlange stehen, tut ja nichts zur Sache. Man muss sich die beiden Bezeichnungen mal auf der Zunge zergehen lassen, dann schmeckt man es gleich heraus: Hm, alles, was irgendwie mit Arbeit in Zusammenhang gebracht werden kann, kommt einfach besser an! Wer Arbeitslosengeld bekommt, muss ja irgendwann schon mal gearbeitet haben, ist namentlich also nicht so schnell mit dem asozialen Gesindel zusammenzubringen!

Schön wär’s, aber so ist es nur auf den ersten Blick: Alle, die noch nicht oder aus verschiedenen Gründen nicht mehr wenigstens drei Stunden am Tag arbeiten können, erhalten Sozialhilfe. Die übergroße Mehrheit der mittellosen Hilfsbedürftigen kann also arbeiten. Diese Personengruppe teilt sich in Arbeitslosengeld-I- oder -II-Bezieher auf. Die Empfänger von ALG I traben zum Arbeitsamt und die von ALG II zur Bagis oder Arge. Durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollte alles vereinfacht werden; auf drei Behörden-Wasserköpfe verteilt, wurde es wohl eher verdreifacht. Aber was macht das schon, wenn sich auf diese Art der Anteil der Sozialhilfeempfänger zu beinahe 100 Prozent abschaffen lässt?

Merke: Offenbar lässt sich die Wahrnehmung eines gleichbleibenden Tatbestandes durch einen neuen Namen komplett verändern! Schade, dass mit diesem Etikettenschwindel nicht gleichzeitig die dringend benötigten Arbeitplätze entstehen, auf die sich die Arbeitslosen trotz deren Nichtexistenz sinnentleert blindbewerben müssen. Schließlich geht es immer in erster Linie darum, die Statistik, wie auch immer, von Arbeitslosen zu befreien. Dazu ist dann jedes Mittel recht. Oder heiligt der Zweck die Mittel?

 

2. Bürgerwehr, Bürgerarbeit – immer mehr Arbeit wird plötzlich „ehrenamtlich“ oder mit ’nem Appel und ’nem Ei bezahlt! Der Staat entzieht sich zunehmend seiner Verantwortung! Letzten Samstag verkündete das „Nordwestradio“, dass die Bürgerwehr in Niedersachsen nur schleppend anläuft. Hierbei geht es um eigentliche Polizeiarbeit, die von dazu nicht gesondert befähigten Bürgern übernommen werden soll, die keine Ausbildung und auch keine besondere Befugnis erhalten. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, in welch hochkonfliktreiche Situationen die staatsverteidigenden Bürger kommen könnten, während ihrer ehrenamtlichen Verbrecherjagd. Niemand hat mit ihnen ein Deeskalationstraining durchgeführt oder sie anders auf derartige Konflikte vorbereitet. Es ist in meinen Augen auch klare Polizeiarbeit, die nicht derart leichtsinnig abgegeben werden darf!

Seit Wochen ist immer wieder von „Bürgerarbeit“ die Rede, und leider hört es besonders in den neuen Bundesländern gar nicht mehr auf. Ich halte es für ungeheuerlich, einen Armutslohn als Lösung zu feiern! Meist wird er für Tätigkeiten gezahlt, die als „typisch weiblich“ bezeichnet werden. Ich spiele bewusst auf die zunehmende „Hausfrauisierung“ im Niedriglohnsektor an. Weibliche Arbeiten wurden noch nie wirklich ernst genommen, sondern immer für selbstverständlich erachtet. Oder warum machen so viele Frauen „ehrenamtlich“ ihren Haushalt?

Es kann wohl kaum eine echte Hilfe sein, Altenpfleger durch Billigjobber – egal, wie sie gerade genannt werden – zu ersetzen. So geschehen in Bad Schmie­deberg in Sachsen-Anhalt. Dort hatte sich der Wirtschaftsminister Haseloff dafür eingesetzt, die bestehende Arbeitslosigkeit mittels „Bürgerarbeit“ von 15,6 auf 2,8 Prozent zu senken. Auch dieses blöde Konzept geht doch voll am eigentlichen Problem vorbei!

Tatsächlich ist ganz viel Arbeit da, bloß will sie niemand bezahlen, in Form von nicht nur eben mal „existenzsichernder“ Entlohnung. Unsere Arbeitsgesellschaft verroht, weil viel zu wenige viel zu viel machen müssen, wobei zum Beispiel im Pflegebereich die Patienten die Leidtragenden sind. All die „menschlichen“ Arbeiten, die „Gefühlsarbeit“, soll nun auf unqualifizierte Billigjobber geschoben werden, um anständige Gehälter einzusparen? Menschenverachtend finde ich diese Entwicklung, weil sich alles nur noch einer Kosten-Nutzen-Rechnung unterwirft, mit der Frage, was heute am günstigsten ist.

Dass es mit dieser Methode in 15 Jahren zehnmal so teuer werden kann, zum Beispiel im Jugendbereich, interessiert heute leider kaum jemanden. Die sogenannte Bürgerarbeit entlohnt mit unsäglichen 800 Euro brutto monatlich. Die zu pflegenden Senioren weilen in 15 Jahren wahrscheinlich nicht mehr unter uns. So kann man es mit ihnen ja machen! Aber an den Kindern und Jugendlichen werden sich die Spätfolgen der staatlichen Vernachlässigung noch bitter rächen und eine heutige Kosten-Nutzen-Analyse Lügen strafen!

Elisabeth Graf (parteilos)
 
„50 plus“: Mit „Servicekräften für pädagogische Hilfsleistungen“ werden
die Standards des Lehrerberufs heruntergefahren („FAZ“)
 
Helden der Arbeit: Warum Praktikanten nie übernommen
werden („Süddeutsche Zeitung“)

 

Kevin starb, als seinem Ziehvater
das Geld gestrichen wurde

1. Es bestehen inzwischen in Deutschland und Bremen so viele Untersuchungsausschüsse, dass frau leicht den Überblick verlieren kann! Fangen wir mit dem Untersuchungsausschuss in Berlin zum „Fall Murat Kurnaz“ an, der in Wirklichkeit ein „Fall Fehlverhalten im Bundesaußen- und -innenministerium“ ist.

Gudrun BinderWenn im Jahre 2002 für amerikanische und deutsche Geheimdienste klar war, dass Murat Kurnaz kein Terrorist ist, warum hat es dann noch vier lange Jahre gedauert, bis er endlich aus seiner Gefangenschaft befreit wurde und nach Deutschland reisen konnte, immer noch behandelt wie ein Schwerverbrecher? Mit gesundem Menschenverstand kann frau diese Behandlung von Murat Kurnaz nicht nachvollziehen. Aber wir haben es ja auch mit Politikern zu tun!

Kann es sein, dass Murat Kurnaz ein „unmoralisches Angebot“ gemacht wurde, das er ablehnte? Kann es sein, dass ein „Geständnis“ von Murat Kurnaz von großer politischer Bedeutung gewesen wäre? Kann es sein, dass Murat Kurnaz in „Beugehaft“ genommen wurde?

Was verbirgt sich tatsächlich hinter dieser mysteriösen politischen Vorgehensweise gegenüber einem unbescholtenen, unschuldigen Menschen? Ich hoffe sehr, dass die Zuständigen und Verantwortlichen, Innenminister Schily und Außenminister Fischer – der das Weite suchte und fand –, zu ihren Anweisungen ausführlich und unter Eid befragt werden!

Der „Kadavergehorsam“ des Herrn Röwekamp ist ein weiterer Punkt der Unklarheiten und Ungereimtheiten. Er machte seinerzeit eine äußerst lächerliche Figur, als er bekanntgab, dass Murat Kurnaz nicht mehr nach Bremen zurückkehren kann, weil er nicht rechtzeitig von Guantánamo mal eben rübergeschwommen ist, um die deutschen Einreisebestimmungen zu erfüllen.

 

2. Der Untersuchungsausschuss „Kindeswohl“, der politisch ganz bewusst nicht „Kevin“ benannt wurde, weil „Kindeswohl“ so herrlich allgemein und sozial anheimelnd klingt, ist wirklich gefordert, wenn er den ganzen „Fall“ korrekt aufarbeiten will. Im umfangreichen Gutachten des Herrn Mäurer wird auf den Seiten 38 und 39 die unwürdige Rolle der Bremer Behörden ausführlich beschrieben: Weder Bagis noch Sozialamt haben vom 1. April bis 11. Mai 2006 Geld an Kevin und seinen Ziehvater ausgezahlt!

Keines der beiden Ämter fühlte sich für Leistungen zuständig! Der Ziehvater hatte rechtzeitig gegen den Bescheid der Bagis über die Zahlungseinstellung Widerspruch eingelegt, der vom Amt aber schlicht ignoriert wurde. Vielleicht ging der Widerspruch dort auch „verloren“? Es passiert der Bagis sehr oft, dass relevante Unterlagen abhanden kommen, und das wirkt sich garantiert immer zu Ungunsten der ALG-II-Bezieher(innen) aus!

Am 28. April ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Bagis an. Darauf erhielt der Vater am 11. Mai von der Bagis eine Barauszahlung von 1.100 Euro. Danach stockt die Zahlung an den Ziehvater wieder: Die ihm zustehende Juni-Zahlung in Höhe von 960 Euro erhielt er verspätet! Der Ziehvater war also vom 1. April bis zum 11. Mai 2006 ohne Geld!

Wie überlebt man anderthalb Monate ohne Geld? Wir erinnern uns: Die pathologischen Gutachten waren übereinstimmend der Meinung, dass Kevin ungefähr während dieses Zeitraumes qualvoll starb. Er wurde in einen seit langem leeren Kühlschrank gelegt. Morgen, am 23. Januar 2007, wäre Kevin drei Jahre jung geworden!

 

3. Ich rufe alle politisch interessierten Bremerinnen und Bremer eindringlich auf, sich an der Kartenaktion des Vereins „Mehr Demokratie“ zu beteiligen! Wir müssen den Politikern, die jetzt unser Leben durch gravierende Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen bestimmen, unmissverständlich klarmachen, dass wir das uns zustehende neue Wahlrecht bereits bei der Wahl im Mai dieses Jahres in Anspruch nehmen wollen und zum Wohle Bremens auch müssen!

Noch einmal vier Jahre Misswirtschaft in diesem Umfang und mit den vorhandenen Verfilzungen kann sich die Freie Hansestadt einfach nicht leisten! Bremen geht schon jetzt „am Stock“, und die für diese verfahrene Situation verantwortlichen inkompetenten Politiker kann Bremen nicht weitermachen lassen!

Kurz vor der Wahl verschwenden unsere Senatoren noch einmal Energie und öffentliche Gelder für kräftige personelle Aufstockungen ihrer Ressorts. Diese Vetternwirtschaft in der bremischen Politik hat Tradition! Helfen unsere Volksvertreter so ein paar schwer vermittelbaren Langzeiterwerbslosen aus der Statistik? Wohl kaum, vielmehr ist es Torschlusspanik: Vielleicht kann manche(r) Senator(in) nach der Wahl nichts mehr für ihnen nahestehende Personen tun!

 

4. Es ereignete sich letzte Woche auch etwas sehr Erfreuliches und Wichtiges in der Freien Hansestadt: Herr Pierwoß und das Bremer Theater wurden ausgezeichnet! Es handelte sich um den erstmals vergebenen „Preis der Deutschen Theaterverlage“. Es war eine schöne Veranstaltung mit stehenden Ovationen für Herrn Pierwoß für seine Verdienste um das deutsche und Bremer Theater.

Der von den Medien befragte Kultursenator Kastendiek, der unerträgliche und von keiner Sachkenntnis getrübte Allgemeinplätze von sich gab, hatte Glück, dass er noch ankam, bevor die Preisverleihung zu Ende war.

In seiner Laudatio hatte der Vorsitzende der Jury, Winfried Jacobs, einen wunderbaren Vergleich zur aktuellen Situation des Bremer Theaters zur Hand: ein Gedicht über einen Geigenvirtuosen, der von einem Zuhörer aufgefordert wird zu beweisen, dass er auch in der Lage ist, mit weniger Saiten virtuos zu spielen. Der Geiger nimmt dies als Herausforderung an: Er spielt brillant auch mit einer Saite weniger. Das Gedicht geht nun folgendermaßen weiter:

„Statt seine Neugier zu bezähmen, begehrt der Tor nun frank und frei, noch eine Saite fortzunehmen; so blieben dann noch ihrer zwei. Der Künstler tat’s; mit weniger Gelingen, doch recht geschickt noch, wusst’ er’s zu vollbringen. Der Tor indessen jetzt gebot, dass er nur eine Saite noch behielte. Der Künstler hatte seine liebe Not, als er mit Kunst ein Gassenliedchen spielte.

Da nimmt der törichte Patron die letzte Saite von der Fiedel: ‚Noch eins gegeigt, mein lieber Sohn! Wohlan, nun spiel uns noch ein Liedel! Doch stumm das Instrument – es gab keinen Ton. Ihr lieben Bürger, wenn’s behagt, die Lehre nehmt aus der Geschicht’: Dass selbst die größte Kunst versagt, wenn es an Mitteln ihr gebricht!“

Wenn ich nun sage, wessen kluge Wort das sind, dann kommen wir aus dem Staunen nicht heraus: Sie stammen von Friedrich dem Großen anno 1761!

Gudrun Binder (WASG)
 
Phrasendrescherei: Beck’s Job’s gibt’s nicht („Erwerbslosenforum“)
 
Entfesselte Exekutive: Demokratie kommt unter die Räder („Freitag“)
 
Steuerschock: Kaufkraft drastisch eingebrochen („Financial Times“)
 
Nur jeden 50. fest eingestellt: Die Hälfte aller Ein-Euro-Jobber wird zur Einsparung regulärer Arbeitsplätze missbraucht („Spiegel-Online“)

 

Peter Hartz in den Knast –
seine Gesetze in den Reißwolf!

Wolfgang LangeWegen seines Geständnisses wurde Peter Hartz der „unappetitliche Aufmarsch der Prostituierten“ vor Gericht erspart. Die Frage ist bloß: Wer ist hier unappetitlicher? Ich finde den Herrn Hartz äußerst unappetitlich! Drei Millionen Euro hat er bei VW als Abfindung kassiert, statt fristlos entlassen zu werden, nachdem ihm „Untreue“ in 44 Fällen nachgewiesen wurde! Lächerliche 300.000 Euro „Buße“ soll er zahlen – und bleibt ein freier Mann, statt dass man ihn ins Gefängnis steckt! Am kommenden Donnerstag soll das „Urteil“ verkündet werden, das vorher schon feststeht. Ich bin der Meinung: Dieser Mann gehört in den Knast – und die widerlichen, unsozialen Gesetze, die er verfasst hat und die seinen Namen tragen, sie gehören in den Reißwolf! Dafür kämpfen wir!

Es läuft wie schon bei Deutsche-Bank-Chef Ackermann: Der hat 57 Millionen Euro Schmiergeld an die Mannesmann-Vorstandsmitglieder bezahlt, natürlich nicht aus eigener Tasche, aber von ihm eingefädelt. Der Mannesmann-Konzern wurde zerschlagen, Tausende verloren ihren Arbeitsplatz. Doch statt ihn zu verurteilen, stellte das Gericht das Verfahren ein – gegen Zahlung einer lächerlichen Summe, „Peanuts“, wie sein Vorgänger Kopper das genannt hätte. Heute darf er im „Weser-Kurier“-Interview zum Besten geben, dass seine „Lebensplanung“ vorsieht, ab 62 nicht mehr zu arbeiten. Aber uns erhöhen er und seinesgleichen das Renteneintrittsalter auf 67! Was dann auf uns wartet, wenn wir die Rente überhaupt noch erleben, ist gerade mal genug, um nicht zu verhungern!

Letzte Woche begannen in den Betrieben Protestaktionen während der Arbeitszeit gegen die Rente mit 67: politische Streiks! Das ist die korrekte Antwort. Das Recht auf politische Streiks, wie es richtig auch von Lafontaine gefordert wird, ist in anderen Ländern selbstverständlich, nur in Deutschland sind sie verboten. Wir müssen es uns nehmen! Gemeinsam, durch Streiks in den Fabriken und Demos auf der Straße, können wir etwas durchsetzen und auch die Hartz-Gesetze beseitigen! Zu den Hartzens und Ackermanns gehört noch einer: Gold-Gerhard! Letzte Woche wurde Schröders Portrait in Gold im Kanzleramt aufgehängt. Ackermann, Hartz, Schröder und Merkel stehen für ein ganzes System, in dem die eigenen Taschen vollgestopft werden, während das Volk belogen, betrogen und beraubt wird!

Ich bin der Meinung: Wenn es uns einst gelingen wird, dieses System zu besiegen und unser eigenes System zu errichten, worin das Volk selbst die Macht hat und nicht mehr Reiche immer reicher, Arme immer ärmer werden  – und ich bin sicher, das wird gelingen; ich nenne das den echten Sozialismus –, dann darf jeder arbeiten, es wird jeder gebraucht und nicht ein Drittel der Gesellschaft als „überflüssig“ betrachtet. Dann werden aber auch Ackermann oder Hartz für ihren eigenen Lebensunterhalt selbst sorgen müssen: Keiner wird sich mehr auf Kosten der anderen bereichern!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
„Wildtierfütterung gescheitert“: Bremer Linkspartei fordert Haushaltsnotlagesteuer für Reiche und Einkommensmillionäre („Tageszeitung“)
 
Managementpathologie: Trotz sinkender Umsätze billigen sich
Top-Manager gerne höhere Gehälter zu („Telepolis“)
 
Meinungsunfreiheit: Übergriffiger Polizist beschlagnahmt Montagsdemo-Mikrofon und verweigert Angabe seiner Dienstnummer („Junge Welt“)

 

Schaffen wir ein breites Bündnis gegen diese verkommene Politik!

Endlich sind Sturm und Regen vorbei, aber manche hatten an diesem kalten Abend noch die Handschuhe vergessen. Zur 118. Montagsdemo in Bremen am 22. Januar 2007 um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz kamen die Mitstreiter erst zögerlich, aber zum zweiten Teil auf dem Hanseatenhof waren wieder circa 35 Aktive und Zuhörer da.

Die „geilen“ Machenschaften von Hartz, von Ackermann und der „Deal“, wie man die Justizabsprachen der Staatsanwälte und Gerichte heute nennt, waren Themen der Wortmeldungen. Es ist nichts anderes als Klassenjustiz, was hinter den Vorgängen steckt: Die Deutsche Bank, VW oder der „goldene Schröder“ dürfen nicht besudelt werden, koste es, was es wolle. Die hehre Justiz macht mit!

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlAuf der anderen Seite die Verhöhnung der Werktätigen, der Arbeitslosen, das unglaubliche Vorgehen des Osteroder Kreisrats Geißlreiter gegenüber einem hungerstreikenden Hartz-IV-Betroffenen, ihm auch noch sein Heizungsgeld runterzusetzen, weil er nur noch in seinem kleinen Badezimmer sitzen kann, um sich nicht zu verschulden. Es ist der widerliche Zynismus, die pure Menschenverachtung, die solche Politiker schon jetzt zu faschistischen Methoden greifen lässt!

Ob Bremen mit den Berichten von der „Anmache bei der Bagis“, seinen Krisenausschüssen zum „Kindeswohl“ und zur Klinikaffäre, überall nur Zynismus, Inkompetenz, Überforderung und filz- und vetternwirtschaftliche Arglosigkeiten der politisch Verantwortlichen, ob sie nun Böhrnsen, Röpke, Rosenkötter oder wie auch immer heißen. Alle müssen abtreten!

Eins muss klar sein: Dieses verkommene System wird nicht von selbst verschwinden. Es wird ein breites Bündnis brauchen, von wachen mutigen Menschen mit viel Kraft und Ideen. Denn diese „alten Herren“ und ihr Staat werden mit brutaler faschistischer Gewalt jeden Widerstand brechen wollen, wenn ihr Betrug nicht mehr funktioniert. Nichts anderes zeigt sich im Falle Murat Kurnaz: Die Berliner Regierung „weiß von nichts“, wendet aber in ihrer imperialistischen Politik die gleichen Methoden an wie die USA. Darum: Rückzug aller deutschen Truppen aus dem Ausland! Auflösung aller imperialistischen KSK-Einheiten und der Geheimdienste des Imperialismus!

Wir rufen noch einmal zur Vorbereitung der 5. Delegiertenkonferenz der bundesweiten Montagsdemobewegung am 24. Februar 2007 in Kassel auf. Am 29. Januar 2007 wollen wir in direkter Demokratie unsere Kandidaten für die Koordinierungsgruppe und die Bremer Delegierten auf dem Marktplatz beziehungsweise Hanseatenhof wählen. Wir rufen daher alle, die die bundesweite Montagsdemobewegung unterstützen wollen, auf: Beteiligt euch an der Wahl!

Jobst Roselius für dieBundesweite Montagsdemo
 
Statistik aktualisiert: Die Zahl der Besuche auf unserer Homepage hat sich 2006 gegenüber dem Vorjahr von 27.973 auf 81.033 verdreifacht – die Zugriffszahlen betragen das Sechsfache (Bremer Montagsdemo)
 
Sozialgerichtliche Entscheidungen: Justitiarin der Linkspartei
regt parlamentarische Initiative an („Erwerbslosenforum“)
 
„Gewaschen und rasiert“: Igel kriegt Job als Nadelkissen („Tetsche“)
 
Marxist oder Psycho-Fuzzi: Testen Sie Ihr Weltbild („Die Zeit“)
 
Klassenjustiz: Arbeitsloser muss für 30-fachen Mundraub
zweieinhalb Jahre ins Gefängnis („Business News“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz