2.11.2006

Polizei rechnet mit brutaler Gewalt
Stadtamt verbietet die für Sonnabend geplante NPD-Demo wegen unkalkulierbarer Risiken / Rechtsextremisten wollen vor Gericht ziehen

Von unserem Redakteur
Jürgen Hinrichs

BREMEN. Militante Gegner der NPD, die aus Wohnungen heraus den Demonstrationszug der Rechtsextremisten mit Steinen, Eiern und Brandsätzen bewerfen. 600 gewaltbereite Störer, die zu allem entschlossen sind. Mit diesem Schreckensszenario hat das Bremer Stadtamt gestern sein Verbot der für Sonnabend geplanten NPD-Veranstaltung untermauert.Auf neun Seiten breitet die Polizei ihre Einschätzung der Gefahrenlage aus: NPD-Aufmarsch, Gegendemonstration und das Spiel von Werder gegen Energie Cottbus. Das alles zusammen sei viel zu viel, sagen die Beamten. Stadtamtsleiter Hans-Jörg Wilkens spricht gar von einem "polizeilichen Notstand". Mit maximal 2300 Polizisten wäre die Lage nicht beherrschbar. Darum das Verbot.Konkrete HinweiseWilkens hat eigenen Aussagen zufolge konkrete Hinweise, dass für Sonnabend Gewalttaten geplant sind. Beispielsweise Anschläge aus Wohnungen heraus, die an der Marschroute der NPD liegen. "Ein Teil der Gegendemonstranten agiert taktisch geschickt in Kleingruppen und will möglichst nah an die Rechtsextremisten heran", sagte Wilkens.Es gebe einen hohen Mobilisierungsgrad in der norddeutschen Szene der so genannten autonomen Antifaschisten. Außerdem seien Gewalttaten im Vorfeld - wie jüngst der Brandsatz in Schwachhausen gegen das Auto eines stadtbekannten Rechtsextremisten - ein Indiz für die mögliche Vehemenz der Auseinandersetzungen .Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) betonte, dass die Verbots-Entscheidung keine politischen Gründe habe: "Wir machen das nicht, weil uns die NPD nicht passt, sondern weil uns die Gefahr zu groß ist." Die Demonstrationsfreiheit gelte selbstverständlich genauso für die NPD, "auch wenn sie bei uns unerwünscht ist". Bremen sei keine Hochburg der Rechtsextremisten. "Wir waren immer wachsam und werden das auch bleiben", sagte Röwekamp.Juristisch wähnt sich der Senator in sicheren Schuhen: "Wir haben uns das nicht leicht gemacht und sehr genau geprüft." Bis spät in den Dienstagabend hinein haben die Experten von Innenbehörde und Polizei daran getüftelt, wie sie das Verbot gerichtsfest bekommen. Präzedenzfälle gibt es genügend, die NPD versucht derzeit deutschlandweit Flagge zu zeigen.Ausgang völlig offenWie es am Ende vor den Gerichten ausgehen wird, ist trotz aller Bemühungen der Bremer Behörden vollkommen offen. Die NPD hat bereits angekündigt, gegen das Verbot vorzugehen, so wie sie es zuvor bereits in Hamburg und Göttingen getan hatte. Zum Teil mit Erfolg: In Göttingen erstritten sich die Neonazis die Genehmigung, am Bahnhof zumindest eine Kundgebung abhalten zu dürfen. 200 NPD-Leute standen am vergangenen Wochenende 4000 Antifaschisten gegenüber. Damit es friedlich blieb, mussten 6000 Polizisten eingesetzt werden.Wilkens berichtete von Ankündigungen der NPD, dass sie es nach einem möglichen Verbot in Bremen immer wieder probieren werde. "Der Kampf ist erklärt", sagte Wilkens. "Wir scheuen ihn nicht", ergänzte Röwekamp.

© Bremer Tageszeitungen AG



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